Ganz schön einfallsreich: ein Star. (Bild: Pixabay)
Michael Haslam hat auf der Hauptinsel von Orkney im Norden Schottlands Überraschendes beobachtet: Stare picken Wollknäuel auf, die von den Tausenden von Schafen auf den Inseln stammen, bringen die Wolle dann mit dem Schnabel unter ihre Flügel und führen dort einige streichelnde Bewegungen aus.
Ein solches Verhalten wurde bisher noch nie beschrieben. Haslam veröffentlichte seine Beobachtungen nun in „AnimalBehaviour and Cognition“.
Objektiv ist der Eisvogel ein schöner Vogel: Rot und blau im Gefieder, eher von kleiner Gestalt sowie ein markanter Schnabel erscheinen dem Menschen als ästhetisch attraktiv. (Bild: Marco Federmann/Pixabay)
Wieso beobachten Menschen gerne Vögel? Wieso opfern sie Stunden ihrer Freizeit, um Vögeln nachzuspüren? Wieso geben viele dafür gar Tausende von Franken für Feldstecher, Kamera und Reisen aus?
Die einen sind gerne an der frischen Luft. Andere lieben die Natur und wollen ihr nahe sein. Wieder andere interessieren sich für das Leben der Vögel und vertiefen sich in deren Biologie. Einige treibt der Jagdinstinkt nach draussen und auf die Suche nach seltenen Arten.
Die meisten aber verbindet wohl etwas ganz besonders: Sie finden Vögel schön. Ihre Gestalt, ihre Farben, ihren Gesang.
Allerdings wird diese Gunst nicht allen Vogelarten in gleichem Masse entgegengebracht. Nicht jeder Vogel wird als schön bezeichnet. Wie aber muss ein Vogel aussehen, damit ihn Menschen als ästhetisch attraktiv beurteilen? Mithilfe von Daten, die in einem Citizen-Science-Projekt weltweit gesammelt wurden, haben Forscherinnen und Forscher nun die Kriterien für den im menschlichen Auge „schönen Vogel“ herausgearbeitet.
Nicht nur die Fischerei oder Müll im Meer bedrohen den Tristan-Albatros, sondern auch Mäuse. (Bild: Michael Clark Stuff)
Es sind keine schönen Bilder: von Mäusen angefressene Albatrosse, die an ihren Wunden gestorben sind.
Dass sich vom Menschen eingeschleppte Hausmäuse auf abgelegenen Inseln über die Küken von Seevögeln hermachen, die schutzlos in ihren Nestern sitzen, ist keine neue Entdeckung (siehe die Umweltnotiz vom 2. Juli 2018). Doch die neuen grausigen Funde zeigen nun: Die 20 Gramm leichten Mäuse machen auch vor ausgewachsenen, grossen und kräftigen Albatrossen nicht halt.
Auf der Gough- und der Marion-Insel, die im südlichen Atlantischen beziehungsweise im Indischen Ozean liegen, fanden Forscherinnen und Forscher adulte Tristan-Albatrosse und Wanderalbatrosse, die von Mäusen gebissen und dann mit grosser Wahrscheinlichkeit den Verletzungen erlegen sind. Es ist dies der erste Nachweis, dass auch erwachsene Albatrosse von Mäusen (zumindest indirekt) getötet werden können, wie die Wissenschaftler in der Zeitschrift „Biological Invasions“ berichten.
Dreizehenmöwen kommen nur fürs Brüten an Land. (Bild Pixabay)
Nachwuchs erfolgreich aufzuziehen, ist für alle Tiere ein schwieriges und gefährliches Geschäft. Ganz besonders gilt dies für Tiere, die unter harschen Bedingungen leben wie die Seevögel des Nordens. Hier braucht es hohe Anpassungsleistungen, um nicht nur selbst zu überleben, sondern auch noch die eigenen Gene weiterzugeben.
Die Dreizehenmöwen gehören zu diesen Überlebenskünstlern. Sie brüten in Kolonien an Felswänden und Klippen und verbringen einen grossen Teil ihres Lebens auf dem offenen Meer. An Land sind sie vor allem während des Brutgeschäfts.
Wenn’s passt, dann gleich fürs ganze Leben
Anders als die meisten Vogelarten sind Dreizehenmöwen monogam. Und wenn sich zwei Möwen gefunden haben, die über eine ähnliche Persönlichkeit verfügen, sind die Chancen auf eine erfolgreiche Aufzucht des Nachwuchses besonders gross.
Dies konnten Fionnuala R. McCully von der University of Liverpool und ihre Forschungskollegen nach jahrelangen Beobachtungen von Dreizehenmöwen in einer verlassenen Sowjetsiedlung auf Spitzbergen zeigen. Ihre Studie ist in „Ethology“ erschienen.
Männlicher Steinschmätzer: 25 Gramm leicht, aber ein Weit- und Hochflieger. (Bild: Philippe Kurlapsi, CC BY 1.0)
Dem Steinschmätzer habe ich bereits einmal eine Umweltnotiz gewidmet. Von seinen Brutgebieten in Nordamerika fliegt der kleine Singvogel nämlich 14.500 Kilometer bis in sein Überwinterungsgebiet südlich des Sahels. Eine Meisterleistung.
Nicht so weit haben es die europäischen Steinschmätzer, die in den Alpen brüten. Ihre Strecke in den Süden beträgt rund 4500 Kilometer, die sie in ca. einem Monat hinter sich bringen. Dabei erreichen sie erstaunliche Höhen, wie Forscherinnen und Forscher der Schweizerischen Vogelwarte nun herausgefunden haben.
Dazu rüsteten sie acht Steinschmätzer mit Geolokatoren aus und stellen fest: Ein Männchen flog beim Frühlingszug in Richtung Norden 5148 Meter hoch. In der Regel bewegen sich die Steinschmätzer aber nicht in solchen Höhen: Sie migrieren nachts zwischen 2000 und 4000 Meter.
Mit Ultraleichtflugzeugen werden die jungen Waldrappe in ihr Überwinterungsgebiet in Andalusien geführt. (Bild: M. Hofmann)
Einen Monat Trainingszeit bleibt noch. Dann müssen die 35 jungen Waldrappe von Süddeutschland nach Südspanien fliegen – eine Strecke von 2300 Kilometern. Den Weg dahin kennen sie nicht, denn ihre Eltern sind die Strecke auch noch nie geflogen.
Die Aufgabe, die Jungvögel zu trainieren, übernehmen ihre menschlichen Ziehmütter, Helena Wehner und Barbara Steininger. Anfang Juli sitzen sie um acht Uhr morgens in einem blauen Zelt beim Flugplatz Binningen an einem Tisch. In der Nähe von Singen leben sie hier in Wohnwagen und Zelten, zusammen mit Camp-Leiterin Laura Pahnke, Praktikantin Gina Gerecke sowie Hund Bonny.
Die beiden Waldrapp-Ersatzmütter sind an ihren gelben Shirts zu erkennen. Auf diese Farbe sind die schwarzgefiederten Vögel mit dem von Schopffedern geschmückten nackten Kopf und dem langen gebogenen Schnabel ein paar Tage nach dem Schlüpfen geprägt worden. Die Farbwahl hat keine modischen Gründe. Das leuchtende Gelb ist von weitem zu sehen. Ein Vorteil, der sich heute noch auszahlen wird.
Vorsichtige und eigenwillige Jungwaldrappe
Auf dem Tisch vor den vier jungen Frauen: frisch gebrühter Kaffee, Erdbeeren, Konfitüre, Brot, Mineralwasser, Ferngläser, Funkgeräte und Fotoapparate. Eine Lichterkette unter dem Zeltdach verströmt etwas Wohnlichkeit. In Kürze soll das nächste Flugtraining beginnen, eins von dreien, die pro Woche stattfinden.
Heute steht auf dem Trainingsplan: „Auf eine unbekannte Wiese fliegen und dabei Strukturen wie zum Beispiel eine Strasse oder ein Waldstück überwinden“, sagt die Ziehmutter Helena Wehner, die bereits seit 2017 mitarbeitet und vor vier Jahren zum ersten Mal Waldrappe aufzog. Über 100 Jungvögel hat Helena Wehner schon beim Grosswerden begleitet.
Die Übung, eine Wiese anzufliegen, klingt einfach. Schliesslich sind die Waldrappe bereits drei Monate alt, gut genährt, gesund und seit Ende Mai flügge. Doch sie haben nicht nur ihren je eigenen Kopf, sie sind auch sehr vorsichtig. In ihrem zarten Alter folgen sie ihren Ziehmüttern auf Schritt und Tritt.
Doch neuerdings setzen sich die Ziehmütter auf der Graspiste in ein Ultraleichtflugzeug und fliegen davon in der Hoffnung, dass ihnen die Waldrappe folgen. Denn auf diese Art werden die Vögel im August auf ihre 30– bis 40-tägige Reise von Baden-Württemberg nach Andalusien geführt, je nach Wetterbedingungen pro Etappe bis zu 300 Kilometer und fünf bis sechs Stunden Flug.
Heringsmöwen haben sich gut an die menschlich geprägte Umwelt angepasst. (Bild: Georg Wietschorke/Pixapay)
Die Rede ist wieder einmal von Möwen.
Ging es in älteren Umweltnotizen um Möwen, die die Stadt dem Meer vorziehen, und um solche, die sich nach dem Tagesablauf der Menschen richten, dreht sich dieses Mal alles um Möwen, die dem Menschen ganz genau aufs Maul schauen.
Und es zeigt sich wiederum, wie erfolgreich sich Möwen an eine anthropozentrisch geprägte Umwelt anpassen können.
Von Kanada bis Mexiko ist eine Begegnung mit dem Weiden-Gelbkehlchen (hier ein Weibchen) nicht aussergewöhnlich. Anders hingegen in Westeuropa: Da taucht es nur als Irrgast auf. (Bild: Rhododendrites, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=110859703)
Vergangenen Herbst hat ein kleiner Vogel im Tessin für Aufregung unter Vogelbeobachtern gesorgt. Ein Weiden-Gelbkehlchen war entdeckt worden. Ein Vogel, der in Nordamerika und im Winter in Mittelamerika vorkommt. Zwar ziehen einige dieser Tiere im Herbst auch auf die Azoren. Doch Weiden-Gelbkehlchen, die in Kontinentaleuropa auftauchen, gelten als sogenannte Irrgäste, also Vögel, die deutlich von ihrem Weg abgekommen sind.
Für Birder sind solche Entdeckungen ein Ereignis: Sie bekommen einen Vogel vor der Haustüre vor die Linse, für dessen Anblick sie sonst weit reisen müssten. Grosse Aufmerksamkeit zog daher auch ein europäisches Rotkehlchen auf sich, das in Peking auftauchte, oder ein russischer Riesenseeadler, der Boston anflog.
In der Regel bedeutet ein solcher Irrflug für den betroffenen Vogel eine Sackgasse: Das Überleben am ungewohnten Ort kann schwierig sein, die Gefahr eines raschen Todes ist gross. Und auch wenn der Irrgast längere Zeit überlebt: Ohne Artgenossen ist die Fortpflanzung unmöglich. Gelangen allerdings gleich mehrere Irrgäste der gleichen Art zur selben Zeit an denselben Ort, kann dies der Startpunkt für eine neue Population sein.
Gründe für solche Irrwege können Stürme sein, die die Vögel von ihren ursprünglichen Gebieten über Tausende von Kilometern an fremde Orte verfrachten. Auch genetische Fehler werden als Ursache ins Spiel gebracht.
Amerikanische Forscher haben nun noch einen weiteren möglichen Grund für die Verirrungen untersucht: Störungen im Erdmagnetfeld. Denn Vögel können – anders als wir Menschen – das Erdmagnetfeld „sehen“ und sich so im Raum orientieren.
Kolkraben sind vorsichtige Vögel: Wer sich ihnen nähern möchte, benötigt Geduld. (Bild: Alexa/Pixabay)
Glück hat, wer beruflich so nebenbei Vögel beobachten kann, die zu den faszinierendsten unserer Breitengrade gehören. Ein solcher Glückspilz ist Heinrich Haller, Biologe und ehemaliger Direktor des Schweizerischen Nationalparks. Im Zuge seiner Arbeit im Nationalpark ist er immer wieder Kolkraben begegnet, den grössten – und manche sagen auch: den klügsten – Singvögeln der Welt. Die Kolkraben wurden mit der Zeit zu seinen Wegbegleitern. Allerdings gehen diese Wegbegleiter in der Regel auf Distanz zum Menschen. Kolkraben wurden in Europa während Jahrhunderten gejagt, mancherorts fast bis zur Ausrottung. Das hat die schlauen Vögel gelehrt, wenn möglich den Menschen aus dem Weg zu fliegen. Heute haben sich die Bestände dank Schutzbemühungen wieder erholt.
Schwarzmilane zu füttern, ist eine alte islamische Tradtion, der in Delhi nachgelebt wird. Szene aus „All That Breathes“ (Screenshot).
Opportunismus hilft zu überleben. Wer bei der Nahrungswahl nicht allzu wählerisch ist, frisst, was er gerade findet. Und hat so die Möglichkeit, sich fast über die ganze Welt auszubreiten.
Zu diesen Opportunisten gehört der Schwarzmilan (Milvus migrans). Ausser in Amerika kommt er fast überall vor, in Europa, Afrika, Asien, Australien. Er ist wohl die häufigste Greifvogelart der Welt. Der Bestand wird auf 4 bis 5,7 Millionen geschätzt.
Die wahrscheinlich höchste Dichte an Schwarzmilanen findet man in Delhi (hier lebt die Unterart Milvus migrans govinda). 15 Schwarzmilan-Horste pro Quadratkilometer zählten Wissenschaftler in dieser Millionenstadt.
Kein Zufall: Delhi ist für den Aasfresser ein mehr als reich gedeckter Tisch. Fressbaren (fleischlichen) Abfall findet er in der ganzen Stadt. Über der gigantischen Mülldeponie Ghazipur kreisen Tausende von Schwarmilanen.
Zudem mögen die Bewohnerinnen und Bewohner Delhis die Milane, obwohl diese gerade in der Brutzeit durchaus aggressiv werden können. Insbesondere die Muslime der Stadt pflegen zu den Schwarzmilanen eine besondere Beziehung. Gemäss einer alten islamischen Tradition ist es eine gute Tat, Schwarzmilane (und andere Tiere) regelmässig zu füttern.
Die Schwarzmilane nehmen das offerierte Futter gerne an. (Interessanterweise hilft die Fütterung durch Menschen auch dem Rotmilan in der Schweiz über die Runden; allerdings stehen dahinter keine religiösen Motive. Siehe meine Reportage bei den „Flugbegleitern“: Sie sind wieder da: Wieso die Rotmilane die Schweiz zurückerobern.)
Mit dieser Tradition sind auch die zwei Brüder Nadeem Shehzad und Muhammad Saud in Delhi aufgewachsen. Nun widmen sie ihr Leben den Greifvögeln der indischen Mega-Metropole. Seit 20 Jahren kümmern sie sich um verletzte und kranke Greifvögel, darunter nicht nur Schwarzmilane, sondern auch Eulen und Geier.
Immer wieder wurde über die beiden Brüder berichtet, die sich inmitten des grossstädtischen Chaos mit Hingabe den Vögeln widmen. Breiter bekannt wurden sie dann aber erst mit einer Reportage in der New York Times. Und seither sind sie nun auch die Hauptpersonen eines Dokumentarfilms von Shaunak Sen geworden: „All That Breathes“ hat bereits mehrere Preise gewonnen hat (u.a. in Cannes). Nun war er auch am Zürcher Filmfestival zu sehen (ab nächstem Jahr auf HBO erhältlich).