Der Mensch frisst sich unablässig ins Land: starke Zunahme der Zersiedelung in den letzten Jahren

Die Schweiz (hier Zürich) gehört zu den am stärksten zersiedelten Ländern der Welt. (Bild Heiner/Pixabay)

Eigentlich wüsste man es ja: Der Lebensraumverlust ist einer der wichtigsten Treiber für die Biodiversitätskrise, also die über alle Massen hohen Aussterberaten von nicht-menschlichen Lebewesen. Deshalb sollten sich menschliche Siedlungen nicht weiter ins Land fressen und naturnahe Flächen zerstören. In vielen Ländern gibt es mittlerweile Raumplanungsgesetze, um genau dies zu verhindern und den Siedlungsbau zu steuern. Auch füllt die Literatur über „nachhaltigen Städtebau“ Bibliotheken. Doch davon ist auf der Erde noch wenig zu erkennen. Im Gegenteil.

Zwischen 1990 und 2014 hat sich die Zersiedelung weltweit fast verdoppelt (95 Prozent). In den beliebten Fussballfeldern gerechnet: Pro Stunde wird die Fläche von mehr als 160 Fussballfedern bebaut. Dies haben Forscher des Leibniz-Instituts für ökologische Raumentwicklung in Dresden und der Concordia University in Montréal mit Hilfe von Satellitendaten berechnet.

Weitet man den Blick zeitlich, sieht es so aus: Zwischen 1975 und 2014 wurde mehr Fläche zugebaut als in allen Jahrtausenden zuvor, in denen der Mensch Siedlungen aus dem Boden stampfte.

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Die Rangliste der Biodiversitätszerstörer: Es genügt nicht, nur den Klimawandel zu bekämpfen

Wälder sind für den Erhalt der Biodiversität sehr bedeutsam.

Was sind die wichtigsten menschengemachten Treiber des Biodiversitätsverlustes?

Die Antwort auf die Frage ist entscheidend, um den Artenschwund aufhalten zu können. Denn die Mittel zu seiner Bekämpfung sollten möglichst dorthin fliessen, wo sie am meisten bewirken können. Um die Haupttreiber herauszufinden, haben Autorinnen und Autoren für eine neue Metastudie Tausende von Untersuchungen ausgewertet.

Und hier ist sie: die Rangliste der Biodiversitätszerstörer.

  1. Landnutzungsänderungen (z.B. die Zerstörung alter Wälder für die Landwirtschaft)
  2. Direkte Ausbeutung (z.B. durch Fischerei, Jagd, Handel)
  3. Verschmutzung
  4. Klimawandel
  5. Invasive gebietsfremde Arten
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„In der Stadt lässt sich Biodiversität aktiv erleben“

Pfllanzen vom Acker nun mitten in der Stadt. (Bild: Markus Hofmann)

Tausende von Pendlern eilen hier in Zürich morgens aus dem S-Bahnhof „Hardbrücke“ an ihre Arbeitsplätze und am Abend wieder zurück nach Hause. In der Nacht folgen ihnen die Partygänger, die die Bars und Clubs aufsuchen. Züge, Autos, Trams, Busse und Fahrräder verkehren auf engem Raum. Früher wurden in diesem Industriequartier Schiffe gebaut, heute wird in den ehemaligen Fabrikgebäuden Theater gespielt. Mittendrin auf einem Betonplatz steht ein riesiger grün schimmernder Kristall: In der Glasfassade des 36 Stockwerke hohen Bürogebäudes spiegelt sich das urbane Treiben. Mehr Stadt geht kaum.

Und doch will mir der Ökologe Jonas Frei gerade hier die Vielfalt der Pflanzen zeigen. „Der Ort ist botanisch sehr interessant“, versprach er, als wir den Treffpunkt vereinbarten.

Jonas Frei hat vor kurzem ein Buch veröffentlicht: Stadtwildpflanzen. 52 Ausflüge in die urbane Pflanzenwelt“. Der heutige Ausflug mit ihm wird ein Mini-Trip, nicht einmal 100 Meter weit. Doch auf diesem Spaziergang unternehmen wir eine botanische Weltreise, und Frei wird das Wort „selten“ so häufig fallen lassen, dass ich mich in einem Regenwald mit lauter exotischen Gewächsen wähne.

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Honigbienen-Stau: Es braucht Regeln für die Imkerei in Städten

Auch für Honigbienen gilt: Mass halten. (Bild: Pixabay)

Bereits im vergangenen Jahr tauchten die städtischen Honigbienen in den Umweltnotizen auf. Gerade in der Schweiz ist es sehr en vogue, in den Städten Honigbienen zu halten. Doch diese verdrängen als Nahrungskonkurrentinnen die Wildbestäuber. Aus diesem Grund empfiehlt die IG Wildbiene, die städtische Imkerei zu reduzieren.

Eine neue Studie der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL bestätigt dies nun. In Bezug auf die bestehenden Nahrungsressourcen sei die Dichte an Bienenstöcken in 14 untersuchten Schweizer Städten gegenwärtig so hoch, dass nicht mehr von einer nachhaltigen Imkerei gesprochen werden könne.

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Windenergie oder Wanderfalke: Das Bundesgericht spricht ein Urteil im Interessenkonflikt von Klima- und Biodiversitätsschutz

Windenergieanlagen verursachen Schlagopfer unter Vögeln und Fledermäusen. (Bild: patmueller/Pixabay)

Es ist einer der grossen Konflikte unserer Zeit. Und es ist ein Konflikt, der auch die Umweltschützer zu spalten droht: Wie vertragen sich die Erfordernisse des Klimaschutzes mit denjenigen des Biodiversitätsschutzes?

Der Umbau des Energiesystems weg von der fossilen Energie geht einher mit einem massiven Ausbau der erneuerbaren Energien. Beispielhaft zeigt sich dies beim Bau von Windkraftwerken. Da kommen sich Klima- und Vogelschützerinnen regelmässig in die Quere. (Was nicht ausschliesst, dass die (meisten) Klimaschützer auch Vogelschützer sind – und umgekehrt. Das lässt die Konflikte aber nicht verschwinden.)

Ein Schauplatz dieses Streits liegt auf dem Grenchenberg im Schweizer Jura.

Dort planten die Städtischen Werke Grenchen sechs Windenergieanlagen. Dies missfiel den Vogelschützern, die Beschwerde einlegten und bis vor das Bundesgericht gelangten. Das höchste Gericht der Schweiz hat sein Urteil bereits im vergangenen November gefällt. Doch nun liegt die schriftliche Begründung vor. Sie liest sich wie die Blaupause für den Umgang mit der Klima- und Biodiversitätskrise.

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Biodiversität in der Stadt: Jedes grüne Fleckchen zählt

Auch wenn sie noch so unscheinbar wirken, so kommt Wildpflanzen in der Stadt eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu. (Bild: Markus Hofmann)

Wildpflanzen fördern mitten in der Stadt? Wo Gebäude, Strassen, Plätze den Boden versiegeln? Wo im Kampf um Verdichtung um jeden Quadratmeter gestritten wird?

Ja, das geht! Und es ist notwendig, will man die Biodiversität erhalten oder gar steigern.

Dies zeigt die Studie von Kevin A. Vega und Christoph Küffer, die die grünen Flecken der Stadt Zürich genau untersucht haben (Zusammenfassung der Studie in „Der Gartenbau“, 10/2021). In sieben ein Quadratkilometern grossen Quadraten erfassten sie die Gefässpflanzen auf öffentlichen Flächen, die mindestens einen Quadratmeter umfassen – vom Zentrum bis an den Stadtrand. Darunter befanden sich Baumscheiben mit etwas Grün ringsum bis zu stattlichen Wiesen von 30.000 Quadratmetern. Über 2100 Untersuchungsflächen kamen so zusammen.

Das Resultat: Je grösser die Fläche, desto grösser auch die Zahl der Pflanzenarten. So weit so wenig überraschend. Doch daraus die Schlussfolgerung zu ziehen, kleine grüne Flächen seien nutzlos und müssten nicht gefördert werden, wäre falsch. Denn viele kleine Födermassnahmen zeitigten in der Summe eine grosse Wirkung, schreiben Küffer und Vega.

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Katzen töten 30 Millionen Vögel in der Schweiz – pro Jahr

Vielen Menschen eine Freude, vielen Vögeln gar nicht: Hauskatzen in freier Wildbahn. (Bild: mizekieze/Pixapay)

Die Katze ist aus dem Sack. Nun gibt es eine offizielle Schätzung, wie viele Vögel in der Schweiz jährlich in den Fängen von Hauskatzen enden. Es sind 30 Millionen.

Dies ist einer Antwort des Bundesrates auf eine Frage des grünliberalen Nationalrats François Pointet zu entnehmen. Bei über 1.7 Millionen Katzen (Tendenz weiterhin steigend), die in der Schweiz leben, ist diese hohe Zahl nicht völlig überraschend. Eine oft zitierte Studie kam 2013 zum Schluss, dass Hauskatzen in den USA jährlich 1.3 bis 4 Milliarden Vögel töten.

Auch wenn dies viel Katzen-Liebhaber nicht gerne hören: Hauskatzen gehören zu den schlimmsten invasiven Arten weltweit. (Wenn man den Menschen einmal von dieser Liste ausnimmt.)

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Das Verschwinden der Vögel: dramatischer Rückgang der Vogelpopulation in Europa

Die Anzahl Stare in Europa ist in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen.

So können Vergleiche täuschen. Ein Beispiel dafür? Nehmen wir die Zahl der Brutvogelarten in der Schweiz. Diese ist seit den 1990er Jahren konstant geblieben. Mal verschwindet eine Vogelart, mal wandert eine neue ein. Insgesamt gleicht sich das über die Jahre aus.

Alles gut also?

Gar nicht. Denn die Artenzahl ist nur einen von mehreren Kenngrössen der Biodiversität. Die Arten müssen auch über eine gewisse Populationsgrösse verfügen, um überlebensfähig zu sein.

Und hier sieht die Tendenz bei der Vogelpopulation insgesamt sehr schlecht aus, wie neueste Untersuchungen zeigen.

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Lasst die Natur etwas häufiger in Ruhe – auch mitten in der Stadt

Die Stadt Zürich hat sich die Förderung der Biodiversität auf die Fahne geschrieben. (Bild: Markus Hofmann)

Städte – gerade in der Schweiz – zeigen sich gerne herausgeputzt. Da werden Blumenrabatten fein säuberlich wie Soldaten auf dem Exerzierplatz aufgereiht, Bäume gestutzt und Rasen regelmässig kurz geschnitten. Dabei täte auch in Städten etwas mehr Unordnung der Biodiversität gut.

Das zeigt einmal mehr eine neue Studie von Wissenschaftlern der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL. Dafür haben die Forscher die Tierwelt der Stadt Zürich sehr genau untersucht. An 251 Stellen haben sie ingesamt 1446 Arten aus 12 taxonomischen Gruppen erfasst, darunter Bienen, Käfer, Vögel, Schwebfliegen, Tausendfüsser, Netzflügler, Schnecken, Spinnen und Wespen.

Auf denjenigen grünen Flächen, auf denen der umtriebige Stadtmensch nicht gross eingreift, ist das Artenreichtum am grössten, also zum Beispiel auf Wiesen und Ruderalflächen, die nicht allzu häufig gemäht und gepflegt werden. In der Stadt Zürich halten sich die stark und weniger stark gepflegten Flecken in etwa die Waage, was der Anteil an der Gesamtfläche betrifft (20 bzw. 18 Prozent). Was gleichzeitig bedeutet: Das Potenzial, um die Biodiversität weiter zu fördern, ist beträchtlich. Ein Förderprogramm dazu ist in Zürich bereits am Laufen.

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Keine neuen Bienenstände mehr – den Wildbienen zuliebe

Honigbienen sind faszinierend. Doch in der Schweiz gibt es bereits mehr als genügend Bienenstände. (Bild: PollyDot / Pixabay)

Albert Einstein sagte: „Wenn die Bienen aussterben, sterben vier Jahre später auch die Menschen.“ Daran sind gleich zwei Dinge falsch. Das Zitat stammt (mit grosser Wahrscheinlichkeit) nicht von Einstein. Und die Aussage, dass die Menschheit vom Überleben der Biene abhänge, trifft ebenfalls nicht zu. Insbesondere dann, wenn man unter „Biene“ die Honigbiene (Apis mellifera) versteht. Für die Bestäubung der Pflanzen (und damit die Nahrung nicht nur der Menschen) sind noch viele weitere (Insekten-)Arten zuständig.

Dennoch wird das vermeintliche Einstein-Zitat gerade in Imkerkreisen gerne bemüht. Ohnehin: Die sympathische Honigbiene wurde in den vergangenen Jahren zur Heldin des Biodiversitätsschutzes gekürt. So stellte der Bayrische Ministerpräsident Markus Söder das Volksbegehren zum Artenschutz unter das Motto „Rettet die Bienen“ und krönte sich damit gleich selbst zum „Bienenkönig“.

Auch boomt seit ein paar Jahren die Hobby-Imkerei, wozu der Dokumentarfilm „More Than Honey“ des Schweizers Markus Imhoof beigetragen hat (auch dort wird Einstein „zitiert“). Die Schweiz weist mittlerweise eine der höchsten Honigbienen-Dichten Europas auf. Und dies betrifft nicht nur das Land: In der Stadt Zürich etwa haben die Bienenstände seit 2014 um 80 Prozent zugenommen. Es ist hip geworden, auf Hausdächern Bienen zu halten.

Schön, dass sich viele (Stadt-)Menschen mit Bienen beschäftigen. Doch der Trend hat auch Schattenseiten. Die Honigbiene ist eine Nahrungskonkurrentin der Wildbienen. Und denen geht es nicht besonders gut. Von den über 600 in der Schweiz nachgewiesenen Wildbienenarten ist die Hälfte bedroht. Eine Aufdatierung der betreffenden Roten Liste soll dieses Jahr publiziert werden.

Die IG Wilde Biene warnt nun davor, den Imkerei-Trend unkritisch zu begegnen.

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