Weder Bestie noch Heilsbringer: Sowohl Wolfsfeinde also auch Wolfsfreunde argumentieren mit Mythen

Der Wolf muss für viele Wunschvorstellungen herhalten. (Bild: Christel Sagniez / Pixabay)

Für einen Naturfilm sind 44 Millionen Klicks eine stattliche Ausbeute. Das viereinhalb Minuten lange Youtube-Video von 2014 trägt den Titel „How Wolves change Rivers“ („Wie Wölfe Flüsse ändern“). Als Erzählstimme hört man den bekannten Umweltjournalisten und -aktivisten George Monbiot.

Kurz zusammengefasst lautet die Botschaft des Films folgendermassen: Als Ende der 1990er Jahre wieder Wölfe im Yellowstone Park in den USA ausgesetzt wurden, hatte dies positive Folgen für das ganze Ökosystem. So wurden etwa die Bestände der Huftiere auf natürliche Weise reguliert. Die Huftiere konnten sich nicht mehr ungestört im ganzen Park ausbreiten, sondern mussten ihr Verhalten ändern, um nicht von den Wölfen gefressen zu werden. An den Ufern und Flüssen breiteten sich daher wieder Pflanzen aus, da die Huftiere aus Angst vor den Wölfen dort nicht mehr ästen. Derart nahm die Erosion der Flussufer ab – die Flüsse änderten ihre Richtung und begannen zu mäandrieren: alles ausgelöst von den Wölfen.

Auch sonst hatte die Wiederansiedlung nur positive Auswirkungen: mehr Biber, mehr Bären, mehr Vögel, mehr Pflanzenarten. Ein Schulbeispiel der sogenannten trophischen Kaskade: Prädatoren an der Spitze der Nahrungskette verändern ganze Ökosysteme. Und hier ganz im Sinne der Wolfsfreunde: Die Wölfe heilten ein beschädigtes Ökosystem.

Seither ist das Beispiel aus dem Yellowstone Park zum Selbstläufer geworden. Wölfe sind gut für die ganze Natur, heisst das Mantra.

Das Problem: So einfach ist es nicht.

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Eine wilde Schweiz (fast) ohne Menschen: Ein einzigartiger Dokumentarfilm über den Luchs

Rund 250 Luchse leben in der Schweiz, 75 im Jura und ca. 180 in den Alpen. (Bild: Pixabay)

Sechs Rollen nehmen die Menschen im Dokumentarfilm „Luchs“ ein, der nun in den Schweizer Kinos läuft. Die Menschen tauchen nur am Rande auf. Doch drei der Rollen bringen dem Luchs den Tod.

Da ist der Wilderer, der einen Luchs erschiesst.

Da ist der Autofahrer, der einen Luchs überfährt.

Da sind die Bewohner – wir alle – von Siedlungen, die sich immer weiter ausdehnen und den Lebensraum des Luchses zerstören.

Sie gefährden damit eine Erfolgsgeschichte. 1904 hatte man für lange Zeit den letzten wilden Luchs in der Schweiz gesehen. Dann war er ausgerottet.

Die Aufforstung der Wälder schuf die Grundlage für eine Wiederansiedlung. Hier tritt die vierte menschliche Rolle auf die Bühne: die Förster. Sie pflegen einen Plenterwald, der dem Luchs zugute kommt.

Die Wiederansiedlung des Luchses in der Schweiz erfolgte ab den 1970er Jahren, zuerst in den Alpen, dann im Jura. Heute leben rund 250 Luchse in der Schweiz.

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Lasst die toten Tiere liegen – auch den Pflanzen zuliebe

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Am schönsten sind die Schottischen Hochlandrinder selbstverständlich lebendig. Doch auch als Kadaver haben sie einen grossen Nutzen für die Biodiversität. (Foto: Susanne Jutzeler, suju-foto/Pixabay)

Das Schottische Hochlandrind ist ein rundum symphatisches Wesen. Nicht nur äusserlich. Seit es auch für die schonende Beweidung in Naturschutzgebieten zum Einsatz kommt, ist die Anzahl seiner Verehrerinnen und Verehrer weiter angestiegen.

Doch nimmt es den letzten Weg alles Sterblichen (wenn es nicht vorher geschlachtet worden ist) und verendet, dann wird es zum Abdecker gebracht und entsorgt – aus Gründen des Gesundheits- und Umweltschutzes, wie es in der entsprechenden Verordnung der Schweiz heisst. Ausnahmen von dieser Praxis gibt es in Europa etwa in Spanien, wo man das Vieh zugunsten der dort lebenden Geier liegenlassen darf (siehe meine Umweltnotiz „Hol’s der Geier“).

Schade, dass man derart restriktiv mit den Nutztierkadavern umgeht. Besser wäre es, man liesse zu, dass einzelne Tiere an Ort und Stelle verwesen könnten. Dann nämlich würden die Hochlandrinder über ihren Tod hinaus einen Beitrag zur Verbesserung der Biodiversität leisten. Weiterlesen