Mauersegler und Co.: Auch im Himmel sind sie nicht sicher vor Plastik

Mauersegler schnappen sich in der Luft alles, was sich für den Nestbau eignet – auch Plastik. (Bild: M. Hofmann)

Kennen Sie diesen Witz?

Was haben alle Menschen gemeinsam?

Mikroplastik in ihrem Körper!

Der Gag lässt sich auf andere Tierarten erweitern. Zum Beispiel: Was haben alle Vögel gemeinsam? – Plastik in ihrem Nest.

Nun, Letzteres ist empirisch noch nicht nachgewiesen. Aber die Gruppe der Vogelarten, die nachweislich Plastik und andere menschengemachte Stoffe in ihren Nestern verbauen, erweitert sich. Neben den Seevögeln (zum Beispiel Basstölpel oder Blässhuhn) und den eher erdgebundenen Vögeln (zum Beispiel Schwarzmilan) verwenden auch diejenigen Vögel, die den grössten Teil ihres Lebens fliegend in der Luft verbringen und ihr Nestmaterial dort einfangen, Plastik für den Nestbau.

Zum ersten Mal wurde dies bei drei Seglerarten in Europa untersucht: den Mauer-, Fahl-, und Alpenseglern. Und siehe da: In über einem Drittel der geprüften Segler-Nester wurde anthropogenes Material, vor allem Plastik, gefunden. Die Studie von Alvaro Luna et. al. ist vor ein paar Monaten in „Science of the Total Environment“ erschienen.

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Wegwerfgesellschaft: Vögel müssen ihre Nester in der Stadt nicht mehr jedes Jahr neu bauen, denn Plastikabfall hält (fast) ewig

Dieses Blässhuhn (Taucherli) kann noch in natürlichem Nestmaterial brüten. (Bild: Mabel Amber/Pixabay)

Normalerweise bauen Blässhühner – in der Schweiz bekannt als „Taucherli“ – jährlich ein neues Nest. Da dieses aus Pflanzenmaterial besteht, zerfällt es rasch.

Doch nun könnte sich dieses Verhalten gerade verändern. Die Blässhühner verbauen Abfall, der kaum oder nur langsam verrottet. Vor allem Plastik ist für den Nestbau beliebt. Der ist reichlich in der Umwelt vorhanden. 79 Prozent des bisher hergestellten Plastiks liegt noch immer irgendwo auf der Erde herum, lediglich 9 Prozent wurden recycelt.

Plastikschichten im Vogelnest

Und so müssen die Blässhühner nicht mehr jedes Jahr ein Nest von Grund auf neu bauen. Ein aus Plastikabfällen bestehendes Nest kann Jahrzehnte überstehen und von mehreren Generationen bewohnt werden, wie Forscher in den Niederlanden beobachtet haben.

Anhand der auf den Plastikverpackungen eingeprägten Ablaufdaten konnten sie Geologen gleich die Geschichte der Nester Schicht für Schicht rekonstruieren. Ihre Studie haben sie in Ecology veröffentlicht.

Vor allem ein Blässhuhnnest mitten in Amsterdam hat es ihnen angetan. Es enthielt 635 künstliche Gegenstände, die einen Blick in die nahe Vergangenheit unserer Wegwerfgesellschaft erlauben.

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Junge Silbermöwen: lieber frischen Fisch als Fastfood

Junge Silbermöwen haben klare Präferenzen, wenn es um das Fressen geht. (Bild: Pixabay)

Endlich wieder Möwen-Stoff. Möwen sind regelmässige Besucherinnen meiner Umweltnotizen (siehe etwa „Möwen schauen den Menschen genaus aufs Maul“, „Auch Möwen haben mal Wochenende: Die Vögel passen ihren Tagesablauf den Menschen an“, „Möwen, die die Stadt mehr lieben als das Meer“).

Nun ist es wieder soweit. Dieses Mal geht es um gefrässige Silbermöwenküken.

Mit den Eltern der Küken, den adulten (erwachsenen) Silbermöwen (Larus argentatus), kommt man etwa an den Küsten Grossbritanniens in Kontakt, wenn man seine soeben erstandenen „Fish and Chips“ am Strand mit Blick aufs Meer geniessen möchte. Diesen Genuss teilen die Silbermöwen noch so gerne und stehlen den unvorsichtigen Menschen die besten Stücke des frittierten Fisches – garniert mit Pommes. Grosse Scheu zeigen sie dabei nicht.

Kriegen die Silbermöwen allerdings Nachwuchs, scheinen sie sich wieder an „gesundes Essen“ zu erinnern. Denn ihre Küken füttern sie nicht mit menschengemachten Fastfood, sondern mit Nahrung aus dem Meer, mit Fischen und Muscheln. Möglicherweise weil diese mehr oder bessere Nährstoffe enthalten, die das Wachstum der Küken fördern.

Doch würden Silbermöwenküken von sich aus die natürliche Nahrung wählen, wenn sie sie nicht von ihren Eltern vorgesetzt bekämen? Oder würden sie doch lieber dem Fastfood den Vorzug geben?

Diese Fragen stellten sich Forscherinnen und Forscher der University of Exeter – und machten die Probe aufs Exempel. Ihre Ergebnisse sind soeben im PeerJ erschienen.

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Der Mensch drängt den Wolf in die Nacht – was beiden zugutekommt

Ein Wolf tagsüber: in besiedelten Gebieten ein seltener Anblick. (Bild: M. Hofmann)

„Wolf umkreist Bauernhof mitten am Tag.“ „Unheimliche Begegnung: Hier spaziert ein Wolf am helllichten Tag durch Hannover.“ „Schwändi: Wolf am helllichten Tag nahe Dorf gesichtet – <Das schürt Angst>“.

So lauten ein paar Schlagzeilen der letzten Monate. Doch ein am helllichten Tag gesichteter Wolf ist eigentlich keine Sensation. Denn dass ein Wolf gelegentlich tagsüber irgendwo auftaucht, entspricht normalem Wolfsverhalten. Je mehr Menschen sich aber in seinem Lebensraum bewegen, desto eher verlegt er seine Aktivitäten in die Nacht.

Dies haben Forscherinnen und Forscher herausgefunden, die zwischen 2014 und 2022 Wildtierkameras an neun verschiedenen Orten in Europa (in Deutschland, Italien, Kroatien, Polen, Belarus und der Ukraine) installierten. Mit diesen beobachteten sie das Tun der grossen Fleischfresser Wolf und Luchs und setzten es in Beziehung zur örtlichen menschlichen Präsenz. Ihre Resultate sind in „Global Ecology and Conservation“ erschienen.

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Ist der Mensch erst einmal da, geht es mit der Biodiversität bergab

Mit der Besiedlung der südpazifischen Inseln veränderte sich die Artenvielfalt. (Bild: Pixabay)

Die Biodiversität schwindet nicht nur. Sie wird auch homogener. Viele Arten verschwinden, einige aber setzen sich durch.

Ein typisches Beispiel dafür ist das Kulturland. So trägt eine intensive Landwirtschaft dazu bei, dass die Landschaft eintöniger wird. Auch vom Menschen eingeführte, nicht heimische Arten können dazu führen, dass die lokale Artenvielfalt abnimmt und „homogenisiert“, da die neuen Arten die heimischen Arten verdrängen.

Man könnte den Eindruck gewinnen, dass die Homogenisierung der Biodiversität ein eher neues Phänomen ist. Eines, das von Bevölkerungszunahme, der Zerstörung von Lebensräumen sowie dem globalen Handel angetrieben wird.

Doch nun bestätigt sich: Der Rückgang der Artenvielfalt sowie die Homogenisierung der Biodiversität setzen dann ein, wenn Menschen in einem zuvor menschenleeren Ort auftauchen. Ein Wissenschaftsteam konnte dies für den südpazifischen Raum aufzeigen. Ihre Studie ist in „Nature Ecology & Evolution“ erschienen.

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Möwen schauen den Menschen genau aufs Maul

Heringsmöwen haben sich gut an die menschlich geprägte Umwelt angepasst. (Bild: Georg Wietschorke/Pixapay)

Die Rede ist wieder einmal von Möwen.

Ging es in älteren Umweltnotizen um Möwen, die die Stadt dem Meer vorziehen, und um solche, die sich nach dem Tagesablauf der Menschen richten, dreht sich dieses Mal alles um Möwen, die dem Menschen ganz genau aufs Maul schauen.

Und es zeigt sich wiederum, wie erfolgreich sich Möwen an eine anthropozentrisch geprägte Umwelt anpassen können.

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Anthropozän: Wien wird voraussichtlich nicht Namensgeber für ein neues Zeitalter

Unter dem Karlsplatz in Wien fand man Ablagerungen des urbanen Wandels, die 200 Jahre zurückreichen.

Das Anthropozän – das Zeitalter des Menschen: in den Sozial- und Kulturwissenschaften hat es längst Eingang gefunden. Anhand dieses Begriffs werden so grundlegende Fragen diskutiert wie: Was ist der Mensch? Was ist Natur? Wie ist der Mensch in die Umweltkrise geraten? Und wie kommt er da wieder raus?

Doch eigentlich ist „Anthropozän“ ein geologischer Begriff. Er bezeichnet die geologische Epoche, in der der Mensch so wichtig geworden ist, dass er die biologischen, geologischen und atmosphärischen Prozesse auf der Erde massgeblich beeinflusst.

Nur: Diese Epoche hat „offiziell“ noch gar nicht begonnen; wir befinden uns noch immer im Holozän, das vor rund 11.700 Jahren begonnen hat. Die Geologen sind etwas strenger im Festlegen von Begriffsdefinitionen als Philosophen oder Kulturwissenschaftlerinnen. Die „International Commission on Stratigraphy“ wird darüber entscheiden, ob das Anthropozän als neue geochronologische Epoche ausgerufen wird oder nicht.

Die Arbeiten dafür laufen seit mehreren Jahren in der „Anthropocene Working Group“. Und sie konzentrieren sich um Zeit in der Mitte des 20. Jahrhunderts. Damals sind die menschlichen Auswirkungen auf die Erde geradezu explodiert, was etwa die Verschmutzung (z.B. durch Atomwaffentests oder Plastik) oder das Artensterben betrifft.

Nun ist man einen Schritt weitergekommen.

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30 Millionen tote Vögel wegen Hauskatzen in der Schweiz: Was hinter dieser Zahl steckt

Katze im Vogelhäuschen: eine nicht zu unterschätzende Gefahr für Wildvögel. (Bild: Pixabay)

Drei Reaktionen habe ich auf die Aussage erhalten, dass Hauskatzen in der Schweiz jährlich 30 Millionen Wildvögel töteten: ungläubiges Staunen, erbostes Abstreiten oder bestätigendes Nicken. Der Hinweis, dass die Zahl nicht von einer Anti-Katzen-Organisation, sondern von der Schweizer Regierung stammt, nützte auf Seiten der Ungläubigen und Erbosten allerdings kaum etwas.

Diese Angabe von 30 Millionen toten Vögel darf man selbstverständlich in Frage stellen. Denn wie der Bundesrat betont, existieren keine Studien zur Zahl der in der Schweiz durch menschlichen Einfluss getöteten Vögel (da gehört die vom Menschen gehaltene Katze dazu).

Man muss sich auf Schätzungen abstützen. Diese stammen aus dem Ausland und können daher nicht ohne Weiteres auf die Schweiz übertragen werden, wie das Bundeamt für Energie meint. Das Bundesamt für Energie war Auskunftsgeber, da es in der bundesrätlichen Antwort auch um die Windkraft und deren tödliche Folgen für die Vögel ging.

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Überall Hühner: Das Anthropozän steht im Zeichen des Huhns

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Eine unglaubliche Zahl: 22,7 Milliarden. So viele Hühner leben derzeit auf der Welt. Gallus gallus domesticus ist nicht nur bei weitem der häufigste Vogel, er ist auch das häufigste Wirbeltier auf dem Planeten Erde. Die Ursache dafür ist der menschliche Hunger nach Fleisch. Homo sapiens mag Huhn. Es ist das am meisten gegessene Fleisch. Damit es dies werden konnte, musste das Haushuhn allerdings eine massive Veränderung durchlaufen. Weiterlesen