Den Schönen gehört die Wissenschaft

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Da schmilzt das Forscherherz: Koalas stehen in der Gunst der Wissenschaft ganz oben.

Sie machen einen grossen Teil der Säugetierarten Australiens aus. Doch erforscht, geschweige denn geschützt, werden sie kaum. Und dies aus einem Grund: Weil sie hässlich sind. Von 331 in Australien lebenden Säugetieren gehören 45 Prozent zu den „Hässlichen“. Aber lediglich etwas mehr als ein Zehntel der Studien, die sich mit den australischen Säugetieren beschäftigen, haben die Hässlichen, zu denen vor allem einheimische Fledermäuse und Nagetiere zählen, zum Thema. Zu diesem Schluss kommen Patricia A. Fleming und Philip W. Bateman in ihrem Aufsatz: „The good, the bad, and the ugly: which Australian terrestrial mammal species attract most research?“ in der Mammal Review.

Zu den „Guten“ gehören die bekannten – und beliebten – tierischen Aushängeschilder Australiens: Natürlich die Koalas, die Kängurus, die Schnabeltiere und Ameisenigel. An diesen interessiert die Wissenschaft in erster Linie die Physiologie, die Anatomie oder auch die Taxonomie. Kein Wunder bei Säugetieren, die Eier legen oder ihre Jungen im Beutel aufziehen.

Die „Schlechten“ sind die Einwanderer, die invasiven Arten, die mit den Menschen nach Australien kamen und die ursprünglichen Ökosysteme teilweise gehörig durcheinanderbrachten. Die Wildkaninchen aus Europa sind zu einer regelrechten – und sehr teuren – Pest geworden. Klar, dass auch diese Säugetierarten die Aufmerksamkeit der Forschung erlangten. Doch hier stehen mehr die Ökologie und die Art und Weise, wie man die Populationen wieder unter Kontrolle bringt, im Fokus.

Die „Hässlichen“ aber werden behandelt wie – ja genau: das hässliche Entlein. Und dies obwohl sie fast die Hälfte aller Säugetierarten Australiens ausmachen. Zwar werden sie taxonomisch beschrieben. Aber damit hat es sich dann auch. Die Buschratten und die vielen Fledermäuse mit ihren „komischen“ Nasen werden vernachlässigt. So besteht die Gefahr, dass sie aussterben, bevor sie richtig erforscht worden sind, wie etwa kürzlich die Weihnachtsinsel-Zwergfledermaus (Pipistrellus murrayi). Deren Name verrät es: Die Kleinen haben es auch nicht leicht, das Interesse der Forscher zu erregen. Diese beschäftigen sich lieber mit den grossen und weitverbreiteten Tierarten.

Global gesehen gehört Australien zu den Kontinenten, in denen am meisten Säugetierarten ausgestorben sind. Die Forschung hat sich deshalb in den letzten Jahren intensiv mit möglichen Massnahmen zum Schutz bedrohter Arten auseinandergesetzt. Doch ihr Blick war getrübt: Sie übersah die Kleinen, die Unscheinbaren – die Nicht-So-Schönen.

© Markus Hofmann

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