Wölfe verhindern Autounfälle – und das hat einen hohen wirtschaftlichen Nutzen

Wo es Wölfe gibt, verändern Hirsche ihr Verhalten – und meiden Strassen. (Bild: colfelly/Pixabay)

Hier die einen: Der Wolf frisst unsere Schafe! Wir müssen uns und die Nutztiere schützen! Und dies verursacht hohe Kosten, er muss weg!

Dort die anderen: Dass der Wolf wieder zurück ist, ist schön! Er gehört zu unserer Natur und tut ihr gut!

So könnte man die gegensätzlichen Positionen um den Wolf zuspitzen. Was dabei auffällt: Die eine Seite, die der Gegner, kann ökonomische Argumente ins Feld führen. Und in einer Welt, in der das Geld regiert, sind das starke Argumente.

Schwerer tun sich die Befürworter der Wolfs-Präsenz mit ökonomischen Gründen. Was bringt uns der Wolf finanziell? Nun, da Wölfe die Hirsch- und Rehbstände regulieren, tragen sie dazu bei, Wildschäden am Wald und der Vegetation zu verringern. Und dies bringt einen hohen Nutzen. Doch, wenden die Gegner ein, den Wald können auch die Förster und Jäger, die Hirsche und Rehe schiessen, pflegen. Der Wolf ist also ersetzbar.

Doch das stimmt eben nicht ganz, wie amerikanische Forscher zeigen. Sie haben sich angeschaut, wie sich die Anwesenheit von Wölfen auf die Anzahl von Kollisionen mit Geweihträgern auswirkt. Das Resultat ist eindeutig: Den Nutzen, den Wölfe bei der Verminderung von Autounfällen erbringen, ist ein Vielfaches höher als die Kosten, die sie in der Landwirtschaft verursachen. Genauer: Der Nutzen ist 63-mal höher als der Schaden. Und Gleiches kann von Jägerinnen und Jägern nicht geleistet werden.

In den USA erfolgen jedes Jahr rund eine Million Autounfälle mit Hirschen (womit hier alle Arten von Hirschen gemeint sind). Die Folgen: 29.000 verletzte Autofahrer, 200 tote Menschen und fast 10 Milliarden Dollar an ökonomischem Schaden (die Probleme in Europa sind vergleichbar).

Doch wie wirkt sich nun die Wolfspräsenz darauf aus? Wölfe nutzen gerne Strassen als Reiserouten. Und vertreiben damit dort die Hirsche, die potenziell mit Autos kollidieren könnten. Wölfe schaffen eine „Landschaft der Angst“, die das Verhalten ihrer Beute stark beeinflusst.

In Wisconsin untersuchten die Forscherinnen und Forscher, wie sich diese Landschaft der Angst auf die Zahl der Autounfälle auswirkt. Dort wanderten Wölfe ab Mitte der 1970er Jahre wieder auf natürliche Weise ein. Es liessen sich also Vergleiche anstellen zwischen einer von Strassen durchzogenen Landschaft mit und ohne Wölfe.

Das Resultat: Die Wolfs-Präsenz reduziert die durch Kollisionen mit Hirschen verursachten Kosten jährlich um 10.9 Millionen Dollar. Dem gegenüber stehen die Kosten, die der Wolf durch Risse und Herdenschutzmassnahmen verursacht: Pro Jahr sind dies 174’000 Dollar. Der Nutzen, den der Wolf bringt, ist also 63-mal grösser als die Kosten, die er verursacht.

Und dies bezieht sich lediglich auf die Autounfälle. Hinzukommen noch die bereits erwähnten Schäden an der Forst- und Landwirtschaft, die Hirsche und Rehe verursachen und die durch Wölfe verringert werden können. Hinter 90 Prozent der Wildtierschäden an der Landwirtschaft in Wisconsin stecken Rehe.

Eine vergleichbare Landschaft der Angst, die das Verhalten der Hirsche und Rehe zugunsten der Menschen lenkt, vermögen Jägerinnen und Jäger nicht zu schaffen. Der Wolf ist unsersetzlich.

© Markus Hofmann

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