
So können Vergleiche täuschen. Ein Beispiel dafür? Nehmen wir die Zahl der Brutvogelarten in der Schweiz. Diese ist seit den 1990er Jahren konstant geblieben. Mal verschwindet eine Vogelart, mal wandert eine neue ein. Insgesamt gleicht sich das über die Jahre aus.
Alles gut also?
Gar nicht. Denn die Artenzahl ist nur einen von mehreren Kenngrössen der Biodiversität. Die Arten müssen auch über eine gewisse Populationsgrösse verfügen, um überlebensfähig zu sein.
Und hier sieht die Tendenz bei der Vogelpopulation insgesamt sehr schlecht aus, wie neueste Untersuchungen zeigen.
Bereits 2019 schockierte eine Studie von Kenneth V. Rosenberg et. al.: Sie schätzte den Rückgang an individuellen Brutvögeln in den USA seit 1970 auf 2,9 Milliarden (-29%).
Nun liegen die Zahlen aus Europa vor. Und auch hier ist die Situation dramatisch: In der EU ist zwischen 1980 und 2017 ein Verlust von 560 bis 620 Millionen Vögeln zu beklagen (-17-19%), wie Fiona Burns et. al. berechnet haben.
Zahlenmässig fallen besonders die eigentlich häufigen Brutvogelarten ins Gewicht wie zum Beispiel Haussperlinge (-246,7 Mio.) oder Stare (-74,6 Mio.). Schaut man nur die Brutvogelarten an, bei denen ein Rückgang zu verzeichnen ist, kommt man auf die beängstigend eindrückliche Zahl von -903 Millionen. Dieser stehen auch Zuwächse gegenüber (+341 Mio.), z.B. bei der Mönchsgrasmücke (+54,9 Mio.) oder dem Zilzalp (+29,4 Mio.).
Richtet man den Blick auf die Habitate, sind vor allem – wenig überraschend – die Vogelarten der Kulturlandschaft betroffen. Auch die Populationen von Langstreckenziehern und Watvögeln nehmen stark ab. Auf der positiven Seite findet man auch eher seltene Vogelarten, darunter einige Greifvogelarten. Hier dürften sich die Schutzmassnahmen günstig ausgewirkt haben. Immerhin etwas.
Übrigens: Während die Vogelpopulation einen massiven Verlust erlitten hat, ist die Bevölkerung der EU seit 1980 um 9,8 Prozent gewachsen.
© Markus Hofmann