
Da schreitet Eva. Sie trägt lediglich Kopf-, Kinn- und Armschmuck. Auf einem umgefallenen Baumstamm balancierend überquert sie ein Gewässer im Dschungel. Auf der Suche nach Adam?
Eva ist nicht Eva, sondern eine Angehörige des Stamms der Zo’é in Brasilien. Doch der berühmte Fotograf Sebastião Salgado hat die junge Schönheit in alttestamentarischer Manier inszeniert: die Urfrau in Schwarzweiss. Nun erhält Salgado den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Er ist der erste Fotograf, dem diese Ehre zuteil wird.
„Genesis“ heisst eines seiner neueren Werke. In über 30 Reisen erkundete Salgado die Welt nach Plätzen, die – in seinen Augen – der irdischen Ursprünglichkeit am nächsten kommen: Pinguine in der Antarktis, Schwarzbrauenalbatrosse in Südgeorgien, Wale vor Argentinien, Kuba-Flamingos auf den Galapagos, ein Amerikanischer Schlangenhalsvogel im Pantanal, Kraterseen auf Madagaskar, eingeborene Völker in Indonesien, Afrika, Brasilien, der Arktis.
Er tut dies in überwältigenden Schwarzweissbildern. Die Botschaft des auch von der Unesco unterstützten Fotoprojektes ist eindeutig: Bewahrt die letzten Reste der Urnatur. Sie sind zu schön, um zerstört zu werden.
Man hätte all dies auch anders fotografieren können als Salgado. Zurückhaltender, weniger spektakulär, geheimnisvoller. Die harten Kontraste, die dramatischen, mit Wolken verhangenen Himmel von Salgado erzeugen ein Pathos, das schmerzt.
Salgado, der Delacroix der Fotografie, ist kein Mann der leisen Töne. Seine Bilder sind im besten Sinne: plakativ. Dessen ungeachtet sind sie gross-artig.
Salgados „Genesis“ ist noch bis zum 23.6.2019 im Museum für Gestaltung Zürich zu sehen.
© Markus Hofmann