Mensch gegen Maschine: Bei der Vogelbestimmung hat der Mensch die Nase vorn

Kommt weltweit zum Einsatz: die „Merlin Bird ID“.

Vogelbestimmung leicht gemacht: Hört man einen Vogelgesang, schaltet man die App auf dem Smartphone an – und schon weiss man, welche Art sich gerade bemerkbar macht.

Besonders beliebt ist die App „Merlin Bird ID“ des Cornell Lab of Ornithology. Für den Hobby-Ornithologen wie mich leistet sie gute Dienste. Gerade auch bei den Vogelrufen, die mir nicht so geläufig sind.

Doch ist die App zuverlässig? Und zwar so zuverlässig, dass sie auch für Forschungszwecke eingesetzt werden kann?

Das wollten Forscherinnen und Forscher in den USA herausfinden und liessen die App gegen den Menschen antreten. Die Resultate dieses Wettkampfs sind in den „Ornithological Applications“ erschienen.

Weiterlesen

Mauersegler und Co.: Auch im Himmel sind sie nicht sicher vor Plastik

Mauersegler schnappen sich in der Luft alles, was sich für den Nestbau eignet – auch Plastik. (Bild: M. Hofmann)

Kennen Sie diesen Witz?

Was haben alle Menschen gemeinsam?

Mikroplastik in ihrem Körper!

Der Gag lässt sich auf andere Tierarten erweitern. Zum Beispiel: Was haben alle Vögel gemeinsam? – Plastik in ihrem Nest.

Nun, Letzteres ist empirisch noch nicht nachgewiesen. Aber die Gruppe der Vogelarten, die nachweislich Plastik und andere menschengemachte Stoffe in ihren Nestern verbauen, erweitert sich. Neben den Seevögeln (zum Beispiel Basstölpel oder Blässhuhn) und den eher erdgebundenen Vögeln (zum Beispiel Schwarzmilan) verwenden auch diejenigen Vögel, die den grössten Teil ihres Lebens fliegend in der Luft verbringen und ihr Nestmaterial dort einfangen, Plastik für den Nestbau.

Zum ersten Mal wurde dies bei drei Seglerarten in Europa untersucht: den Mauer-, Fahl-, und Alpenseglern. Und siehe da: In über einem Drittel der geprüften Segler-Nester wurde anthropogenes Material, vor allem Plastik, gefunden. Die Studie von Alvaro Luna et. al. ist vor ein paar Monaten in „Science of the Total Environment“ erschienen.

Weiterlesen

Fremde Gegenstände im Nest halten Elstern fern. Denn diese mögen Unbekanntes gar nicht.

Klug und vorsichtig: Elster. (Bild: Markus Hofmann)

Krähenvögel wie Kolkraben oder Elstern gehören zu den klügsten Tieren. Mit der Cleverness geht eine weitere Eigenschaft einher: Vorsicht. Wenn Krähenvögel etwas nicht mögen, dann ist es das Neue und Unbekannte.

Sie sind neophob. Sie haben Angst vor dem Neuen.

Neophobie hilft beim Überleben. Wer eine neue Lage oder eine neue mögliche Futterquelle zuerst sorgfältig prüft, bevor er sich in sie stürzt beziehungsweise hinunterschlingt, vermeidet potenziell tödliche Gefahren.

Möglicherweise machen sich die Beutetiere der Krähenvögel diese Neophobie zunutze, wie die beiden norwegischen Forscher Magne Husby und Tore Slagsvold in einem Experiment mit Elstern und Kolkraben zeigen konnten. Die Resultate haben sie in Royal Society Open Science veröffentlicht.

Gefürchtete Nesträuber

Genauso wie Elstern und Kolkraben Neuem abgeneigt sind, so sind sie dem Nachwuchs anderer Vogelarten zugeneigt: Als Nesträuber, die Eier und Küken fressen, sind sie gefürchtet.

Doch zeigt das auszuraubende Nest eine Anomalie wie einen glänzenden Teelöffel oder eine weisse Hühnerfeder, schrillen bei Elstern und Kolkraben alle Alarmglocken: Achtung, da ist was Neues, was nicht dorthin gehört!

Verwenden also Vögel beim Nestbau menschengemachte Gegenstände oder artfremde grosse Federn, hält dies die Krähenvögel davon ab, das Nest auszurauben – zumindest für eine gewisse Zeit.

Weiterlesen

Schönheit geht vor: Auch Wissenschaftler bevorzugen charismatische Vogelarten

„Plump“ und ohne Auffälligkeiten, die Gartengrasmücke wird gerne übersehen. (Bild: Biillyboy / CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=11427509)

Die Gartengrasmücke ist das Aschenbrödel unter den hiesigen Singvögeln. „Anonyme Erscheinung, eine oliv braun-graue, eher plumpe Grasmücke ohne auffallende Kennzeichen.“ Viel weniger euphorisch lässt sich ein Vogel kaum beschreiben wie in der „Bibel“ der Vogelbeobachter, dem Kosmos-Vogelführer von Lars Svensson.

LBB – die Vernachlässigten

LBB, „Little Brown Birds“, nennt man in der Birder-Sprache die kleinen, bräunlichen und unauffälligen Vögel, die schwierig voneinander zu unterscheiden sind – zumal dann, wenn sie stumm sind und nicht ihre unterschiedlichen Gesänge ertönen lassen.

Durchaus nachvollziehbar ist es, wenn Sichtungen der LBB nicht gerade Jubelschreie hervorrufen. Der Mensch als Augenwesen lässt sich von Buntem, nicht von Braun-Grauem verführen, wie in den „Umweltnotizen“ bereits vermerkt wurde. Uns gefallen die charismatischen Arten besser als die unscheinbaren.

Überraschend allerdings ist es, wenn selbst Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Schönen und Bunten den Vorzug geben. Dies ist offenbar der Fall, wie die Analyse von über 27.000 Studien aus über 50 Jahren ornithologischer Forschung ergab. Silas E. Fischer u.a. veröffentlichten die Anaylse in „Proceedings of the Royal Society B“.

Weiterlesen

Wegwerfgesellschaft: Vögel müssen ihre Nester in der Stadt nicht mehr jedes Jahr neu bauen, denn Plastikabfall hält (fast) ewig

Dieses Blässhuhn (Taucherli) kann noch in natürlichem Nestmaterial brüten. (Bild: Mabel Amber/Pixabay)

Normalerweise bauen Blässhühner – in der Schweiz bekannt als „Taucherli“ – jährlich ein neues Nest. Da dieses aus Pflanzenmaterial besteht, zerfällt es rasch.

Doch nun könnte sich dieses Verhalten gerade verändern. Die Blässhühner verbauen Abfall, der kaum oder nur langsam verrottet. Vor allem Plastik ist für den Nestbau beliebt. Der ist reichlich in der Umwelt vorhanden. 79 Prozent des bisher hergestellten Plastiks liegt noch immer irgendwo auf der Erde herum, lediglich 9 Prozent wurden recycelt.

Plastikschichten im Vogelnest

Und so müssen die Blässhühner nicht mehr jedes Jahr ein Nest von Grund auf neu bauen. Ein aus Plastikabfällen bestehendes Nest kann Jahrzehnte überstehen und von mehreren Generationen bewohnt werden, wie Forscher in den Niederlanden beobachtet haben.

Anhand der auf den Plastikverpackungen eingeprägten Ablaufdaten konnten sie Geologen gleich die Geschichte der Nester Schicht für Schicht rekonstruieren. Ihre Studie haben sie in Ecology veröffentlicht.

Vor allem ein Blässhuhnnest mitten in Amsterdam hat es ihnen angetan. Es enthielt 635 künstliche Gegenstände, die einen Blick in die nahe Vergangenheit unserer Wegwerfgesellschaft erlauben.

Weiterlesen

Kuschelig, aber tödlich: Mit Pestiziden kontaminierte Katzen- und Hundehaare schädigen Vögel

Nicht nur Moose werden zum Nestbau verwendet. Auch Tierhaare finden Verwendung – mit potenziell verheerenden Folgen. (Bild: Markus Hofmann)

Kohl- und Blaumeisen mögen ihr Nest weich und kuschelig. Dafür sammeln die Vögel neben Moosen auch Haare, die herumstreifende Tiere wie Hunde und Katzen verloren haben oder die Tierhalter mit besten Absichten für die Vögel im Garten auslegen.

Doch mit den Haustierhaaren gelangen auch Pestizide in die Kinderstube der Vögel. Denn die Hunde- und Katzenhalter behandeln ihre Lieblinge mit Tierarzneimitteln gegen Flöhe und Zecken.

Tote Küken und nicht ausgebrütete Eier

Die Antifloh und -zeckengifte haben das Potenzial, die Vögel zu schädigen, wie eine soeben in „Science of the Total Environment“ publizierte Studie zeigt. In Nestern mit vielen Insektiziden zählten die Forscherinnen und Forscher eine höhere Anzahl an toten Küken oder nicht ausgebrüteten Eiern.

Manche dieser Insektizide sind wegen ihrer bekannten Umweltschädlichkeit in der Landwirtschaft längst verboten. In der Veterinärmedizin finden sie aber noch immer rege Verwendung. Die Autorinnen und Autoren der neuen Studie fordern daher, dass der Einsatz dieser Tierarzneimittel überprüft werden müsse.

Weiterlesen

Weisse Jäger der Nacht: die überraschende und rätselhafte Tarnung der Schleiereule

Die Gefiederfarbe der Schleiereulen variiert stark. Das Spektrum reicht von weiss bis rostbraun. (Bild: Kevinsphotos/Pixabay)

Wer in der Nacht auf die Jagd geht, wird sich – ausser es liegt Schnee – kaum weiss kleiden. Doch genau mit dieser Taktik gehen Schleiereulen auf Beutesuche. Und sie scheinen damit erfolgreich zu sein, sonst wären sie schon längst ausgestorben.

Schleiereulen weisen ein breites Farbspektrum auf, von dunkel (rostbraun) bis hell (weiss). Gerade die weiss gefärbten Schleiereulen faszinieren wegen ihrer Schönheit. Doch sie geben auch Rätsel auf. Wie können sich weisse Schleiereulen in der Dunkelheit unbemerkt ihrer Beute nähern?

Eine Erklärung argumentiert mit dem Schockeffekt.

In mondhellen Nächten reflektiert das weisse Gefieder das Mondlicht besonders gut. Wenn Nagetiere, denen Schleiereulen nachstellen, etwas nicht mögen, dann ist es helles Licht. Eine vom Licht des Mondes angestrahlte weisse Schleiereule muss für eine lichtscheue Wühlmaus wie ein Scheinwerfer wirken.

Es bleibt ihr nur eine Wahl: Möglichst lange in Starre verfallen und hoffen, dass die Schleiereule sie nicht entdeckt und weiterfliegt. Doch die Jagdtechnik der Schleiereule ist einen Schritt weiter: Genau dieses länger als übliche Erstarren des Nagers hilft der Schleiereule, ihn zu packen.

Doch nun haben spanische Forscher eine neue Hypothese im PNAS-Journal aufgestellt. Sie sind der Ansicht, dass die weisse Unterseite der Schleiereule das Mondlicht nachahmt und auf diese Weise durchaus als valable Tarnung dient.

Weiterlesen

Steinadler: Auch Flugkünstler fallen nicht vom Himmel

Es braucht seine Zeit, bis ein Steinadler weite Strecken fliegen kann. (Bild: Giles Laurent, CC BY-SA 4.0)

Nicht mit den Flügeln schlagen. Sondern Aufwinde suchen und dann: gleiten, gleiten, gleiten. Mit minimalen Körper- und Flügelbewegungen steuern. Energieverluste minimieren. Und: gleiten, gleiten, gleiten.

Steinadler sind Meister darin, Luftströmungen so zu nutzen, dass sie mit möglichst geringem Energieaufwand grosse Distanzen zurücklegen können. An schönen Tagen lassen sie sich in den Bergen gut beobachten, wie sie in grosser Höhe kreisen, ohne mit den Flügeln zu schlagen.

Doch diese energieeffiziente Fortbewegung ist den Steinadlern nicht in die Wiege gelegt und will gelernt sein, wie Forscher aus Deutschland, Österreich und der Schweiz herausgefunden haben.

Sie rüsteten in den europäischen Zentralalpen 55 junge Steinadler, die gerade flügge geworden sind und ihren Horst verlassen haben, mit GPS-Sendern aus und verfolgten deren Streifzüge während bis zu drei Jahren. In dieser Zeit weiteten die Steinadler ihren Lebensraum enorm aus.

Weiterlesen

Regen oder Beziehung? Was wirklich hinter dem Regenruf des Buchfinken steckt

Der Buchfink ist der häufigste Brutvogel der Schweiz. (Bild: Markus Hofmann)

Gelegentlich schicken mir Bekannte Tonaufnahmen von Vogelgesängen oder -rufen mit der Bitte um Bestimmung der Art. Im Frühling erhielt ich eine WhatsApp-Nachricht mit einem sehr typischen Ruf: ein monotones „rüü“, „rüü“, „rüü“ (hier ein Beispiel zum Hören). Es ist der sogenannte Regenruf des männlichen Buchfinken. (Weshalb manche den Ruf auch als ein „trüb“, „trüb“, „trüb“ interpretieren.)

Wie der Name sagt, soll dieser Ruf, der sich übrigens regional unterscheidet (genau: es gibt Buchfink-Dialekte) Regen ankünden. Diese Annahme setzte der adlige Ornithologe Ferdinand von Pernau vor über 300 Jahren in die Welt und zwar in seinem Buch von 1707, dessen barocker Titel hier unbedingt vollständig zitiert werden soll: „Unterricht, was mit dem lieblichen Geschöpff, denen Vögeln, auch ausser dem Fang, nur durch die Ergründung deren Eigenschafften und Zahmmachung oder anderer Abrichtung, man sich vor Lust und Zeit-Vertreib machen könnte.“

Seit damal gehört es zu jeder Vogelexkursion dazu, dass irgendein Spassvogel beim Hören des Regenrufs sich bemüssigt fühlt, auf einen baldigen Wolkenbruch hinweisen zu müssen. Ob dieser Ruf irgendeine meteorologische Funktion hat, ist allerdings fraglich. Die einen sagen so, die andern so (es gibt drei Studien, die für die Regenhypothese argumentieren, und drei, die es genau anders sehen).

Deshalb nahmen sich Forscherinnen und Forscher des Max-Planck-Instituts für biologische Intelligenz die Frage nochmals vor: Welchen Zusammenhang gibt es zwischen dem Regenruf der Buchfinken und dem Wetter?

Weiterlesen

Junge Silbermöwen: lieber frischen Fisch als Fastfood

Junge Silbermöwen haben klare Präferenzen, wenn es um das Fressen geht. (Bild: Pixabay)

Endlich wieder Möwen-Stoff. Möwen sind regelmässige Besucherinnen meiner Umweltnotizen (siehe etwa „Möwen schauen den Menschen genaus aufs Maul“, „Auch Möwen haben mal Wochenende: Die Vögel passen ihren Tagesablauf den Menschen an“, „Möwen, die die Stadt mehr lieben als das Meer“).

Nun ist es wieder soweit. Dieses Mal geht es um gefrässige Silbermöwenküken.

Mit den Eltern der Küken, den adulten (erwachsenen) Silbermöwen (Larus argentatus), kommt man etwa an den Küsten Grossbritanniens in Kontakt, wenn man seine soeben erstandenen „Fish and Chips“ am Strand mit Blick aufs Meer geniessen möchte. Diesen Genuss teilen die Silbermöwen noch so gerne und stehlen den unvorsichtigen Menschen die besten Stücke des frittierten Fisches – garniert mit Pommes. Grosse Scheu zeigen sie dabei nicht.

Kriegen die Silbermöwen allerdings Nachwuchs, scheinen sie sich wieder an „gesundes Essen“ zu erinnern. Denn ihre Küken füttern sie nicht mit menschengemachten Fastfood, sondern mit Nahrung aus dem Meer, mit Fischen und Muscheln. Möglicherweise weil diese mehr oder bessere Nährstoffe enthalten, die das Wachstum der Küken fördern.

Doch würden Silbermöwenküken von sich aus die natürliche Nahrung wählen, wenn sie sie nicht von ihren Eltern vorgesetzt bekämen? Oder würden sie doch lieber dem Fastfood den Vorzug geben?

Diese Fragen stellten sich Forscherinnen und Forscher der University of Exeter – und machten die Probe aufs Exempel. Ihre Ergebnisse sind soeben im PeerJ erschienen.

Weiterlesen