Plötzlich weniger Aas auf der Strasse: Wie der Covid-Lockdown das Verhalten der Rotmilane beeinflusste

Rotmilane sind ausgesprochene Opportunisten: Sie holen sich die Nahrung – ob tot oder lebendig – dort, wo sie grad vorhanden ist. (Bild: Markus Hofmann)

Ich habe ihn immer noch im Ohr. Den Appell von Bundesrat Alain Berset während des Covid-19-Lockdowns im Frühling 2020: „Bleiben Sie zuhause.“

Der Aufruf wurde gehört. Während ein paar Wochen nahm die menschliche Mobilität massiv ab. Die noch fahrenden Züge waren fast leer. Auf den Strassen waren kaum Autos unterwegs.

Wo kaum Autos fahren, werden kaum Wildtiere überfahren. Und wo kaum Wildtiere zu Tode kommen, finden Aasfresser wie der Rotmilan keine Nahrung mehr.

Wie also reagierten die Rotmilane, die nicht nur kleine Tiere jagen, sondern auch Aas nicht verschmähen, auf solch plötzliche Veränderungen im Nahrungsangebot? Fressen sie mehr Mäuse? Diesen Fragen gingen Benedetta Catitti et. al. in der Westschweiz nach. Ihre Studie ist in „Biology Letters“ erschienen.

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Tolerante Stadteidechsen: Mauereidechsen in Städten haben mehr soziale Kontakte als ihre Artgenossen auf dem Land

Ist da jemand? Mauereidechsen können sich in Städten nicht so leicht aus dem Weg gehen. (Bild: Joël/Pixabay)

Mauereidechsen (Podarcis muralis) leben territorial und sind eher einzelgängerisch veranlagt. Doch in der Stadt zeigen sie sich sozial tolerant. Oder zumindest: toleranter als Mauereidechsen auf dem Land.

Das konnten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einer Untersuchung in Kroatien belegen. Ihre Studie ist in „Biology Letters“ erschienen. Sie zeigten damit auch, wie sich die Verstädterung der Welt auf das Sozialverhalten von Wildtieren auswirken kann.

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Nichts wie weg: Wölfe nehmen vor menschlichem Geplauder Reissaus

Hat da jemand etwas gesagt? Wölfe reagieren auf menschliche Stimmen mit Flucht. (Bild: Markus Hofmann)

Wer hat Angst vor dem bösen grossen Wolf?

Die Beutetiere des Wolfs haben allen Grund dazu.

Ganz anders als die Menschen.

In ihrem Fall ist es gerade andersrum: Der Wolf hat gehörig Angst vor dem Menschen. Es genügt ein menschliches Geplauder. Und weg ist der Wolf.

Dies konnten Forscherinnen und Forscher in Polen filmisch dokumentieren. Die Ergebnisse des Experiments von Katharina Kasper et. al. ist in Current Biology erschienen.

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Wo Biber bauen, da fliegen mehr Fledermäuse

Der Biber: ein Renaturierungs-Ingenieur. (Bild: Ralf Schick/Pixaba)

Biber sind aktive Biodiversitätsförderer. Dort, wo sie ihre landschaftsarchitektonische Kraft zur Geltung bringen, entstehen Lebensräume, die – zumal in der dicht bewohnten und bebauten Schweiz – selten geworden sind.

Biber fällen Bäume, bauen Dämme, stauen Bäche und überfluten Landstriche, was einer ganzen Reihe von Arten zugute kommt, insbesondere Fischen und im Wasser lebenden Wirbellosen.

Doch auch terrestrische Arten profitieren von den Baukünsten der Biber. Zum Beispiele die Fledermäuse. Wie genau sie dies tun, hat eine Gruppe von Schweizer Forschern untersucht. Die Studie von Valentin Moser et. al. ist im „Journal of Animal Ecology“ erschienen.

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Mensch gegen Maschine: Bei der Vogelbestimmung hat der Mensch die Nase vorn

Kommt weltweit zum Einsatz: die „Merlin Bird ID“.

Vogelbestimmung leicht gemacht: Hört man einen Vogelgesang, schaltet man die App auf dem Smartphone an – und schon weiss man, welche Art sich gerade bemerkbar macht.

Besonders beliebt ist die App „Merlin Bird ID“ des Cornell Lab of Ornithology. Für den Hobby-Ornithologen wie mich leistet sie gute Dienste. Gerade auch bei den Vogelrufen, die mir nicht so geläufig sind.

Doch ist die App zuverlässig? Und zwar so zuverlässig, dass sie auch für Forschungszwecke eingesetzt werden kann?

Das wollten Forscherinnen und Forscher in den USA herausfinden und liessen die App gegen den Menschen antreten. Die Resultate dieses Wettkampfs sind in den „Ornithological Applications“ erschienen.

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Mauersegler und Co.: Auch im Himmel sind sie nicht sicher vor Plastik

Mauersegler schnappen sich in der Luft alles, was sich für den Nestbau eignet – auch Plastik. (Bild: M. Hofmann)

Kennen Sie diesen Witz?

Was haben alle Menschen gemeinsam?

Mikroplastik in ihrem Körper!

Der Gag lässt sich auf andere Tierarten erweitern. Zum Beispiel: Was haben alle Vögel gemeinsam? – Plastik in ihrem Nest.

Nun, Letzteres ist empirisch noch nicht nachgewiesen. Aber die Gruppe der Vogelarten, die nachweislich Plastik und andere menschengemachte Stoffe in ihren Nestern verbauen, erweitert sich. Neben den Seevögeln (zum Beispiel Basstölpel oder Blässhuhn) und den eher erdgebundenen Vögeln (zum Beispiel Schwarzmilan) verwenden auch diejenigen Vögel, die den grössten Teil ihres Lebens fliegend in der Luft verbringen und ihr Nestmaterial dort einfangen, Plastik für den Nestbau.

Zum ersten Mal wurde dies bei drei Seglerarten in Europa untersucht: den Mauer-, Fahl-, und Alpenseglern. Und siehe da: In über einem Drittel der geprüften Segler-Nester wurde anthropogenes Material, vor allem Plastik, gefunden. Die Studie von Alvaro Luna et. al. ist vor ein paar Monaten in „Science of the Total Environment“ erschienen.

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Fremde Gegenstände im Nest halten Elstern fern. Denn diese mögen Unbekanntes gar nicht.

Klug und vorsichtig: Elster. (Bild: Markus Hofmann)

Krähenvögel wie Kolkraben oder Elstern gehören zu den klügsten Tieren. Mit der Cleverness geht eine weitere Eigenschaft einher: Vorsicht. Wenn Krähenvögel etwas nicht mögen, dann ist es das Neue und Unbekannte.

Sie sind neophob. Sie haben Angst vor dem Neuen.

Neophobie hilft beim Überleben. Wer eine neue Lage oder eine neue mögliche Futterquelle zuerst sorgfältig prüft, bevor er sich in sie stürzt beziehungsweise hinunterschlingt, vermeidet potenziell tödliche Gefahren.

Möglicherweise machen sich die Beutetiere der Krähenvögel diese Neophobie zunutze, wie die beiden norwegischen Forscher Magne Husby und Tore Slagsvold in einem Experiment mit Elstern und Kolkraben zeigen konnten. Die Resultate haben sie in Royal Society Open Science veröffentlicht.

Gefürchtete Nesträuber

Genauso wie Elstern und Kolkraben Neuem abgeneigt sind, so sind sie dem Nachwuchs anderer Vogelarten zugeneigt: Als Nesträuber, die Eier und Küken fressen, sind sie gefürchtet.

Doch zeigt das auszuraubende Nest eine Anomalie wie einen glänzenden Teelöffel oder eine weisse Hühnerfeder, schrillen bei Elstern und Kolkraben alle Alarmglocken: Achtung, da ist was Neues, was nicht dorthin gehört!

Verwenden also Vögel beim Nestbau menschengemachte Gegenstände oder artfremde grosse Federn, hält dies die Krähenvögel davon ab, das Nest auszurauben – zumindest für eine gewisse Zeit.

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Schönheit geht vor: Auch Wissenschaftler bevorzugen charismatische Vogelarten

„Plump“ und ohne Auffälligkeiten, die Gartengrasmücke wird gerne übersehen. (Bild: Biillyboy / CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=11427509)

Die Gartengrasmücke ist das Aschenbrödel unter den hiesigen Singvögeln. „Anonyme Erscheinung, eine oliv braun-graue, eher plumpe Grasmücke ohne auffallende Kennzeichen.“ Viel weniger euphorisch lässt sich ein Vogel kaum beschreiben wie in der „Bibel“ der Vogelbeobachter, dem Kosmos-Vogelführer von Lars Svensson.

LBB – die Vernachlässigten

LBB, „Little Brown Birds“, nennt man in der Birder-Sprache die kleinen, bräunlichen und unauffälligen Vögel, die schwierig voneinander zu unterscheiden sind – zumal dann, wenn sie stumm sind und nicht ihre unterschiedlichen Gesänge ertönen lassen.

Durchaus nachvollziehbar ist es, wenn Sichtungen der LBB nicht gerade Jubelschreie hervorrufen. Der Mensch als Augenwesen lässt sich von Buntem, nicht von Braun-Grauem verführen, wie in den „Umweltnotizen“ bereits vermerkt wurde. Uns gefallen die charismatischen Arten besser als die unscheinbaren.

Überraschend allerdings ist es, wenn selbst Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Schönen und Bunten den Vorzug geben. Dies ist offenbar der Fall, wie die Analyse von über 27.000 Studien aus über 50 Jahren ornithologischer Forschung ergab. Silas E. Fischer u.a. veröffentlichten die Anaylse in „Proceedings of the Royal Society B“.

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Ob angeleint oder nicht: Die negativen Effekte von Hunden auf die Natur werden unterschätzt

Zufriedener Hund, verängstigte Wildtiere: Hunde in freier Natur sind eine Bedrohung. (Bild: Enirehtacess/Pixabay)

Freilaufende Hauskatzen fügen der Biodiversität argen Schaden zu. Sie töten Vögel, Reptilien und Amphibien. Sie gehören zu den invasivsten Arten weltweit. Darüber wird regelmässig berichtet.

Im Windschatten dieser Debatte tummelt sich der Hund.

Der „beste Freund“ des Menschen ist das beliebteste Haustier der Welt. Geschätzt eine Milliarde domestizierte Hunde leben auf der Welt – nicht eingerechnet die streunenden (Strassen-)Hunde ohne Eigentümer. In der Schweiz sind es rund 550’000, in Deutschland etwas über 10 Millionen Hunde.

Und auch die Hunde richten beträchtlichen Naturschaden an: Sie töten und vertreiben Wildtiere, sie verbreiten Krankheiten, verschmutzen das Wasser und tragen zu den Treibhausgasemissionen und damit zur Klimaerhitzung bei.

Darauf machen Philip W. Bateman und Laren N. Gilson in „Pacific Conservation Biology“ aufmerksam.

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Täuschendes Grün: Die dunkle Vielfalt zeigt die verborgenen Einflüsse des Menschen auf die Biodiversität

Idyllisches Fleckchen Erde: aber nur auf den ersten Blick. (Bild: Erich Wirz/Pixabay)

„Alles so schön grün hier! Da geht es der Natur sicher noch gut.“ So mag es vielen Schweiz-Reisenden durch den Kopf gehen. Doch der Eindruck täuscht. „Grün“ ist nicht gleichbedeutend mit „gut“. Die landschaftsprägenden Fettwiesen sind zwar „schön grün“, deren Artenvielfalt ist aber gering.

Doch auch in weniger intensiv genutzten Gebieten sieht man nicht, was man sehen könnte oder gar sehen müsste. Schaut man sich nämlich an, welche Arten an Orten fehlen, wo sie eigentlich vorkommen müssten, erkennt man, wie weit der schädliche Einfluss des Menschen reicht.

Dies geht aus einer Studie von Meelis Pärtel et al. hervor, die in „Nature“ erschienen ist. Rund 200 Forscher und Forscherinnen von „DarkDivNet“ haben an 5415 Orten in 119 Regionen rund um die Welt die sogenannte Dark Diversity am Beispiel von Pflanzen untersucht.

Welche einheimischen Arten fehlen

Mit der dunklen Vielfalt werden diejenigen einheimischen Arten erfasst, die an einem bestimmten Ort gedeihen könnten, aber nicht vorhanden sind. Statt also davon auszugehen, welche Arten an einem Ort vorkommen, wird die Perspektive umgedreht: Aufgrund des gesamten Potenzials an Arten wird ermittelt, welche einheimischen Arten fehlen – und warum sie dies tun. Auf diese Weise erhofft man sich, bisher verborgene Einflüsse des Menschen auf die Biodiversität aufzudecken.

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