Gefahr für bedrohte Seevögel: Mäuse töten auch adulte Albatrosse

Nicht nur die Fischerei oder Müll im Meer bedrohen den Tristan-Albatros, sondern auch Mäuse. (Bild: Michael Clark Stuff)

Es sind keine schönen Bilder: von Mäusen angefressene Albatrosse, die an ihren Wunden gestorben sind.

Dass sich vom Menschen eingeschleppte Hausmäuse auf abgelegenen Inseln über die Küken von Seevögeln hermachen, die schutzlos in ihren Nestern sitzen, ist keine neue Entdeckung (siehe die Umweltnotiz vom 2. Juli 2018). Doch die neuen grausigen Funde zeigen nun: Die 20 Gramm leichten Mäuse machen auch vor ausgewachsenen, grossen und kräftigen Albatrossen nicht halt.

Auf der Gough- und der Marion-Insel, die im südlichen Atlantischen beziehungsweise im Indischen Ozean liegen, fanden Forscherinnen und Forscher adulte Tristan-Albatrosse und Wanderalbatrosse, die von Mäusen gebissen und dann mit grosser Wahrscheinlichkeit den Verletzungen erlegen sind. Es ist dies der erste Nachweis, dass auch erwachsene Albatrosse von Mäusen (zumindest indirekt) getötet werden können, wie die Wissenschaftler in der Zeitschrift „Biological Invasions“ berichten.

Dies ist ein weiterer Hinweis, welche Gefahr invasive Neozoen für seltene Arten insbesondere auf Inseln bedeuten können. Um die Bedrohung abzuwenden, müssten die Hausmäuse auf diesen Inseln ausgerottet werden, fordern die Forscherinnen und Forscher. Solche Ausrottungsprogramme wurden bereits auf anderen Inseln erfolgreich durchgeführt. Auf der Gough-Island sind die Versuche allerdings vor ein paar Jahren gescheitert. Für die Marion-Insel ist die Mäuse-Ausrottung für 2026 geplant, falls das Programm finanziert werden kann.

Dass sich die Mäuse an den adulten Albatrossen gütlich tun, wurde durch Zufall entdeckt. Die Wissenschaftler überprüften den Zustand der Mauser bei den grossen Vögeln und hoben zu diesem Zweck deren Flügel an. So sahen sie die blutenden Wunden. Später fanden sie die toten Vögel. Möglicherweise konnten diese wegen der Verletzungen nicht mehr fliegen. Oder sie starben an einer Infektion.

Sowohl Tristan- als auch Wanderalbatrosse sind bedrohte Arten. Neben invasiven Prädatoren machen ihnen die Fischerei mit Langleinen sowie der Plastikmüll in den Meeren das Leben schwer. Albatrosse werden vergleichsweise spät geschlechtsreif, viele brüten auch nicht jedes Jahr. Bis ein Jungvogel selbständig ist, kann es bis zu einem Jahr dauern. Zudem werden Albatrosse sehr alt. Der Verlust adulter Vögel wiegt daher für die Population schwer.

Dass die Mäuse die Seevögel anfallen, könnte auch mit Umweltveränderungen zu tun haben. Die Mäuse bekommen ihre Nachkommen früher im Jahr, was zu einer hohen Mäusedichte sowie einer reduzierten Verfügbarkeit der Hauptnahrung, nämlich Wirbellose und Pflanzensamen, im Spätsommer führt.  Dieser Mangel zwingt die Mäuse dazu, nach einer alternativen Nahrungsquelle zu suchen – eben Küken oder nun auch erwachsene Albatrosse.

© Markus Hofmann

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