Mauersegler und Co.: Auch im Himmel sind sie nicht sicher vor Plastik

Mauersegler schnappen sich in der Luft alles, was sich für den Nestbau eignet – auch Plastik. (Bild: M. Hofmann)

Kennen Sie diesen Witz?

Was haben alle Menschen gemeinsam?

Mikroplastik in ihrem Körper!

Der Gag lässt sich auf andere Tierarten erweitern. Zum Beispiel: Was haben alle Vögel gemeinsam? – Plastik in ihrem Nest.

Nun, Letzteres ist empirisch noch nicht nachgewiesen. Aber die Gruppe der Vogelarten, die nachweislich Plastik und andere menschengemachte Stoffe in ihren Nestern verbauen, erweitert sich. Neben den Seevögeln (zum Beispiel Basstölpel oder Blässhuhn) und den eher erdgebundenen Vögeln (zum Beispiel Schwarzmilan) verwenden auch diejenigen Vögel, die den grössten Teil ihres Lebens fliegend in der Luft verbringen und ihr Nestmaterial dort einfangen, Plastik für den Nestbau.

Zum ersten Mal wurde dies bei drei Seglerarten in Europa untersucht: den Mauer-, Fahl-, und Alpenseglern. Und siehe da: In über einem Drittel der geprüften Segler-Nester wurde anthropogenes Material, vor allem Plastik, gefunden. Die Studie von Alvaro Luna et. al. ist vor ein paar Monaten in „Science of the Total Environment“ erschienen.

Insgesamt sind 487 Nestern in ihre Einzelteile zerlegt worden. Selbstverständlich erst dann, als die Segler in Richtung Süden ausgeflogen waren. Die Nester stammten aus 25 verschiedenen Kolonien in sieben europäischen Ländern, darunter neun Kolonien aus der Schweiz und eine Kolonie aus Deutschland.

178 Nester (oder 36.55 Prozent) wiesen menschengemachte Stoffe auf; in 97 Prozent der Fälle handelte es sich dabei um Plastik.

Auffallend war, dass vor allem die Nester der Fahlsegler betroffen waren: Bei dieser, auch im Süden der Schweiz vorkommenden Segler-Art, waren 85.34 Prozent der Nester betroffen. Das ist deutlich mehr als bei den Alpenseglern (29.91 Prozent) und den Mauerseglern (17.32 Prozent).

Dies könnte damit zusammenhängen, dass die untersuchten Fahlsegler-Kolonien vor allem in Siedlungen waren, während die Nester der Alpen- und Mauersegler sowohl in Siedlungen als auch in weniger von Menschen geprägten Orten lagen.

Je mehr Menschen, desto mehr Plastiknester

Denn eines zeigte die Studie ebenfalls: Es gibt eine klare Korrelation zwischen dem Vorhandensein von Menschen rund um eine Kolonie und dem Anteil von Plastik in den jeweiligen Nestern. Je menschengeprägter eine Region also ist, desto eher verwenden die Segler Plastik für den Nestbau.

Eigentlich erstaunlich: Denn die Segler verbringen fast ihr ganzes Leben fliegend. Das Material für den Nestbau sammeln sie nicht wie andere Vogelarten am Boden oder im Wasser, sondern in der Luft. Dabei schnappen sie sich alles, was sich zum Bauen eignet. Zwischen den Blättern, Samen, Federn oder Halmen schwebt zunehmend Plastik in der Atmosphäre, das in die Nester eingebracht wird.

Immerhin scheinen die Segler durch das verbaute Menschenmaterial nicht allzu grossen unmittelbaren Gefahren ausgesetzt zu sein. Während sich Seevögel in Fischfangnetzen oder Seilen, die sie für ihre Nester verwenden, verfangen und dabei zugrunde gehen können, wurden in der erwähnten Studie „nur“ vier Fälle dokumentiert, in denen sich Segler in das Plastik verstrickt hatten. Zwei Fahlsegler konnten gerettet werden, zwei Mauersegler, einer davon in Laufen (Schweiz), kamen ums Leben.

Die Studie hat den Plastikbefall von Vogelnestern vergleichsweise oberflächlich untersucht. So wurden die Nester visuell geprüft, aber es fanden keine Laboranalysen des Nestmaterials statt. Aufschlussreich wäre es auch, so die Forscherinnen und Forscher, wenn man den Kot der Tiere analysieren würde: Auf diese Weise fände man heraus, ob die Segler Plastik auch über ihre Nahrung aufnehmen.

© Markus Hofmann

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