Täuschendes Grün: Die dunkle Vielfalt zeigt die verborgenen Einflüsse des Menschen auf die Biodiversität

Idyllisches Fleckchen Erde: aber nur auf den ersten Blick. (Bild: Erich Wirz/Pixabay)

„Alles so schön grün hier! Da geht es der Natur sicher noch gut.“ So mag es vielen Schweiz-Reisenden durch den Kopf gehen. Doch der Eindruck täuscht. „Grün“ ist nicht gleichbedeutend mit „gut“. Die landschaftsprägenden Fettwiesen sind zwar „schön grün“, deren Artenvielfalt ist aber gering.

Doch auch in weniger intensiv genutzten Gebieten sieht man nicht, was man sehen könnte oder gar sehen müsste. Schaut man sich nämlich an, welche Arten an Orten fehlen, wo sie eigentlich vorkommen müssten, erkennt man, wie weit der schädliche Einfluss des Menschen reicht.

Dies geht aus einer Studie von Meelis Pärtel et al. hervor, die in „Nature“ erschienen ist. Rund 200 Forscher und Forscherinnen von „DarkDivNet“ haben an 5415 Orten in 119 Regionen rund um die Welt die sogenannte Dark Diversity am Beispiel von Pflanzen untersucht.

Welche einheimischen Arten fehlen

Mit der dunklen Vielfalt werden diejenigen einheimischen Arten erfasst, die an einem bestimmten Ort gedeihen könnten, aber nicht vorhanden sind. Statt also davon auszugehen, welche Arten an einem Ort vorkommen, wird die Perspektive umgedreht: Aufgrund des gesamten Potenzials an Arten wird ermittelt, welche einheimischen Arten fehlen – und warum sie dies tun. Auf diese Weise erhofft man sich, bisher verborgene Einflüsse des Menschen auf die Biodiversität aufzudecken.

Die Resultate der Studie: In Regionen, die stark von menschlichen Aktivitäten beeinflusst sind, waren nur rund 20 Prozent der potenziell geeigneten einheimischen Pflanzenarten vorhanden. Und in Gebieten, die einen viel kleineren menschlichen Fussabdruck aufweisen (geringe Bevölkerungsdichte, wenig Landnutzung und Infrastruktur), waren es zwar mehr Pflanzenarten, aber mit rund einem Drittel aller potenziell möglichen Arten auch nicht gerade überwältigend viele.

Für die Studienautoren zeigt dies, dass das menschliche Tun weitreichendere Einflüsse hat als bisher angenommen – und eben auch abgelegene, noch weitgehend naturbelassene Gebiete stark betrifft. Naturschutzgebiete in Regionen auszuweisen, die stark von menschlichen Aktivitäten geprägt sind, genügt also nicht, um die Artenvielfalt zu erhalten oder zu erhöhen. Der Druck des Menschen muss grossflächig gesenkt werden.

Grossflächiger Schutz nötig

Denn: An Orten, deren Umgebung mindestens zu einem Drittel unberührt ist, war der schädliche menschliche Einfluss gemäss der Studie viel weniger ausgeprägt. Diese Erkenntnis unterstützt das Ziel des globalen Biodiversitätsrahmenwerks von Kunming-Montreal, 30 Prozent der Landfläche zu schützen.

© Markus Hofmann

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