
Vor kurzem habe ich eine Wildtierkamera für ein paar Tage im Garten aufgestellt. Ich erhielt sie ausgeliehen vom Verein „StadtNatur“, der gerade untersucht, welche Kleinsäuger sich heimlich in der Stadt Zürich rumtreiben.
Nun, meine Ausbeute war überschaubar. Meine Hoffnung war, dass zumindest ein Steinmarder in die Fotofalle gehen würde. Der hinterlässt nämlich regelmässig seine Spuren im Garten. Doch neben einer Amsel liessen sich vor allem die Nachbarskatzen porträtieren, meistens mitten in der Nacht.

Die Stadtökologie war lange ein vernachlässigter Teil der Forschung. Das hat sich seit einigen Jahren geändert. Mehr als die Hälfte der Menschheit lebt mittlerweile in Städten, bis 2050 sollen es gar zwei Drittel der Weltbevölkerung sein, die in städtischen Siedlungen wohnen. Zu wissen, wie dort Wildtiere und -pflanzen leben und überleben, ist daher von grosser Bedeutung.
Und man trifft dort auf viele Helferinnen und Helfer, die bei der Datenerhebung mitmachen können.
Auf dieses Potenzial greift seit 2013 das Projekt „StadtWildTiere“ in Zürich zurück. Jedermann kann hier städtische Beobachtungen von Wildtieren im Internet oder auf einer App melden. Die Daten werden gesammelt und ausgewertet.
„StadtwildTiere“ verfolgt aber nicht nur wissenschaftliche Ziele. Die Stadtbewohner sollen die vielfältige städtische Natur besser wahrnehmen. Zudem sollen auch Massnahmen zur Förderung der Stadtnatur angestossen werden.
Mittlerweile hat sich „StadtWildTiere“ in insgesamt 13 Städte der Schweiz, Deutschlands und Österreichs ausgebreitet. In „Frontiers in Ecology and Evolution“ zieht das Projekt nun eine Bilanz ihres Tuns und wartet mit einem überraschenden Wildtier-Vergleich der Städte Zürich, Wien und Berlin auf.
Die Methode, Laien Daten von Wildtierbeobachtungen sammeln zu lassen, hat sich laut „StadtWildTiere“ bewährt. Selbstverständlich kann es dabei zu Verzerrungen und Einseitigkeiten kommen. So werden zum Beispiel Beobachtungen von Stadtfüchsen tendenziell eher von Menschen mit einer höheren Bildung gemeldet. Oder die schwierig zu bestimmenden Fledermäuse bleiben vergleichsweise unbeachtet.
Mit statistischen Methoden lassen sich solche „Biases“ korrigieren. Zudem führt „StadtWildTiere“ eigene Studien durch, die die bürgerwissenschaftlichen Projekte ergänzen.
Da nun dieselben Erhebungsmethoden in 13 verschiedenen Städten zu Anwendung kommen, lassen sich die entsprechenden Ergebnisse miteinander vergleichen. Schaut man etwa an, wie oft welche Säugetierarten in Zürich, Wien und Berlin beobachtet werden, zeigen sich interessante Unterschiede.
So präsentiert sich Zürich als die Stadt der Dachse, die hier deutlich häufiger gemeldet werden als in Berlin und Wien. Ebenfalls auffallend sind die vergleichsweise vielen Beobachtungen von Eichhörnchen in der grössten Schweizer Stadt.
Wien hingegen scheint für Feldhasen besonders anziehend zu sein. Offenbar schlagen sie sich in den Aussenbezirken gut durch.
Die Wildschweine haben derweil Berlin unter ihre Hufe genommen. Noch auffälliger sind dort allerdings im Vergleich zu Zürich und Wien die Beobachtungen von Waschbären.
Allerdings sind diese Ergebnisse mit Vorsicht zu geniessen, da in Berlin „StadtWildTiere“-Projekte noch nicht so lange durchgeführt werden und die Auflösung des „wildlife footprints“ dementsprechend weniger hoch ist als in Zürich.
© Markus Hofmann