
Nachwuchs erfolgreich aufzuziehen, ist für alle Tiere ein schwieriges und gefährliches Geschäft. Ganz besonders gilt dies für Tiere, die unter harschen Bedingungen leben wie die Seevögel des Nordens. Hier braucht es hohe Anpassungsleistungen, um nicht nur selbst zu überleben, sondern auch noch die eigenen Gene weiterzugeben.
Die Dreizehenmöwen gehören zu diesen Überlebenskünstlern. Sie brüten in Kolonien an Felswänden und Klippen und verbringen einen grossen Teil ihres Lebens auf dem offenen Meer. An Land sind sie vor allem während des Brutgeschäfts.
Wenn’s passt, dann gleich fürs ganze Leben
Anders als die meisten Vogelarten sind Dreizehenmöwen monogam. Und wenn sich zwei Möwen gefunden haben, die über eine ähnliche Persönlichkeit verfügen, sind die Chancen auf eine erfolgreiche Aufzucht des Nachwuchses besonders gross.
Dies konnten Fionnuala R. McCully von der University of Liverpool und ihre Forschungskollegen nach jahrelangen Beobachtungen von Dreizehenmöwen in einer verlassenen Sowjetsiedlung auf Spitzbergen zeigen. Ihre Studie ist in „Ethology“ erschienen.
Bei Dreizehenmöwen, die eine unterschiedliche Persönlichkeit aufweisen, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass sie ihren Nachwuchs verlieren – und in der Folge getrennte Wege gehen. Ist sich das Paar hingegen ähnlich, bestehen gute Chancen, dass es die Küken über die Runden bringt und zusammenbleibt. Manchmal vergleichsweise lange: Dreizehenmöwen werden bis zu 18 Jahre, manche gar bis fast 30 Jahre alt.
Dies ergibt laut McCully durchaus Sinn: In den rauen Verhältnissen des Nordens ist es kaum möglich, als „Alleinerziehende“ die Küken über die Runden zu bringen. Denn während der eine Partner den Nachwuchs hütet, muss der andere auf dem Meer nach Nahrung suchen. Laut McCully ist es fürs Überleben hilfreich, wenn beide unabhängig voneinander in ähnlichen Situationen ähnliche Entscheidungen treffen.
Doch wie erkennt man überhaupt die Persönlichkeit einer Dreizehenmöwe?
Dafür verwendeten McCully und ihre Kollegen einen (ziemlich hässlichen) blauen Plastikpinguin. Diesen legten sie den Möwen ins Nest und beobachteten, wie die Vögel auf den Fremdling reagieren: scheu oder forsch?
Mithilfe dieses Persönlichkeitstests konnten sie anschliessend die Vögel miteinander vergleichen. Finden sich zwei eher scheue (oder freche) Möwen, so kommt es weniger häufig zu „Scheidungen“. Die Paarung „scheu – forsch“ hingegen verdüstert die Aussicht auf ein „glückliches“ Familienleben.
© Markus Hofmann