
Taucht in Ihrem Garten ein sogenanntes invasives gebietsfremdes Tier auf oder blüht in Ihrem Rasen eine invasive gebietsfremde Pflanze, droht in Zukunft der Staat einzugreifen. Die Schweizer Regierung will das Umweltschutzgesetz entsprechend ändern. „Inhaberinnen und Inhaber von Grundstücken (…), die von invasiven gebietsfremden Organismen befallen sind oder befallen sein könnten,“ soll es neu im Gesetz heissen, „haben deren Überwachung, Isolierung, Behandlung oder Vernichtung in Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden vorzunehmen oder diese Massnahmen zu dulden.“
Mit diesem Eingriff in das Privateigentum sollen nicht nur Menschen vor möglichen Gefahren, sondern es soll auch die biologische Vielfalt geschützt werden. Invasive gebietsfremde Arten können die Biodiversität negativ beeinflussen (auch wenn man dabei nicht unnötige Panik verbreiten sollte; siehe Fred Pearce: Die neuen Wilden).
Wenn sich der Bundesrat berechtigterweise um die Biodiversität sorgt und dabei sogar in die Gärten seiner Bürgerinnen und Bürger eingriffen will, so denke ich: Wieso geht er nicht ein paar Schritte weiter?
Sind die sterilen, einheitlich giftiggrünen Rasen, die Schottergärten, die einer Todeszone gleichen und in die sich kaum eine Biene verirrt, die mit immergrünen Thuja und Kirschlorbeer besetzten Vorstadtgärten, die Wildtiere in die Flucht treiben, statt ihnen Nahrung und Zuflucht zu bieten, nicht genauso oder sogar verheerender für die biologische Vielfalt als gebietsfremde invasive Organismen?
Sollte der Bundesrat daher nicht nur dafür schauen, dass die Biodiversität vor Gefahren bewahrt wird, sondern auch dafür, dass die Privatgärten selber biologisch vielfältiger werden? Und Schottergärten, Thuja und Kirschlorbeer gleich verbieten?
© Markus Hofmann
Der Gedankengang an sich ist schon sehr folgerichtig, dass ein Ausschlussverfahren von Arten nicht notwendigerweise zu einer besseren Lage führt, solange Versiegelungen, Monokulturen und Spritzmassnahmen das ihre dazu beitragen, einheimische Arten gleichermassen zu vernichten. Die bösen Invasiven können übrigens die Hoffnungsträger von morgen sein, denn die meisten Arten werden in Zukunft mehr mit dem Klimawandel als Bedrohung zu tun bekommen, als mit der neben ihnen stehenden „Fremdpflanze“.
Die nacheiszeitliche Artenarmut Mitteleuropas, die „wir“ als normal gelernt haben, ist im Interesse der zukünftigen Umstände stärker zu hinterfragen. Man kann nicht nur das Geliebte und Bekannte konservieren, man muss auch im Sinne eines generellen Fortbestandes vorausschauen.
Wärmeliebende Insekten- und Vogelarten machen es schon längst vor: die Natur ändert sich und der Mensch muss mit.
LikeGefällt 1 Person